Professor Ernst F. Ströter: Was versteht die Schrift unter „Ewigkeit“ – eine biblische Untersuchung
Inhaltsverzeichnis:
01. Die Reichhaltigkeit des vorliegenden Stoffes
02. Die heilige Schrift kennt eine Mehrheit von Ewigkeiten
03. Die Schrift gebraucht den Ausdruck „vor den Ewigkeiten“
04.Die Heilige Schrift kennt eine Dauer über die Ewigkeit hinaus
05. Der biblische Gebrauch von „ewig“ und „Ewigkeit“ bei Dingen und Zuständen, die nach Schrift und Erfahrung nicht von endloser Dauer sind
06. Gebrauch von olam und aion, aionios in Verbindung mit dem Priestertum und Königreich des Gesalbten Gottes, Jesus Christus
07. Der Gebrauch von olam , aion und aionios in Verbindung mit Namen Gottes
08. Noch einige Proben und Antworten auf Bedenken
Einleitung
Es könnte fast als ein überflüssiges und nutzloses Beginnen erscheinen, eine Untersuchung anzustellen über die Bedeutung eines Wortes, das zu den häufigsten und geläufigsten gehört in biblischer Rede und christlicher Literatur. Kanzelrede und Kirchenlied, Gebetssprache und Erbauungsschriften könne ohne den Ewigkeitsbegriff nicht gedacht werden. Wir reden und schreiben von ewigem Leben, von Ewigkeitsluft, von Ewigkeitsmenschen und –kräften mit der gleichen Selbstverständlichkeit, wie ein moderner Techniker von Kilowatt, Stromspannung und Pferdekräften. Und doch könnte man den tüchtigsten Ingenieur bald in Verlegenheit bringen mit der einfachen Frage: was ist denn eigentlich Elektrizität? Auf geistlichem Gebiet dürfte es kaum anders gehen, wenn man selbst gereifte und belesene Christen fragen würde, was sie sich eigentlich unter den Wörtern „Ewigkeit“ und „ewig“ vorstellen. Die meisten würden wohl schnell genug antworten: „Ewig“ bedeutet einfach unendlich oder endlos; und „Ewigkeit“ bezeichnet eine Dauer, die weder Anfang noch Ende hat.
Eine gar einleuchtende, fassliche Erklärung, die aber alles andere, nur nicht biblisch ist. In einem philosophischen Examen käme man damit schon durch. Denn diese Begriffbestimmung hat uns die Philosophie, d.h. rein menschliches Denken, geliefert. Sie ist das Erzeugnis der schon in früheren Jahrhunderten von hervorragenden Kirchenlehrern vollzogenen Vermählung der Schrifterkenntnis (Theologie) mit der menschlichen Denklehre (Logik und Philosophie). Aus dieser unseligen Ehe sind eine große Zahl verwirrender Begriffe entsprungen, die in der Gemeinde Gottes unsägliches Unheil und Durcheinander angerichtet haben und noch anrichten. Wieweit obige gut philosophische und unbezweifelt theologische Erklärung von „Ewigkeit“ uns den Blick für das getrübt und verschleiert hat, was in der Schrift „Ewigkeit“ genannt wird, soll uns die folgende Untersuchung anschaulich machen. Sie wird uns zeigen, in was für hoffnungslose Widersprüche der herkömmliche Gebrauch der Wörter „Ewigkeit“ und „ewig“ im Sinne von „endlos“ und „Unendlichkeit“ die Schrift mit sich selbst verwickelt.
Zunächst sind wir genötigt, für unsere Untersuchung folgenden Satz aufzustellen:
Nur die Grundsprachen der Schrift sind verlässlich und können uns hier weiterhelfen!
Wie die Verhältnisse selbst mit unseren heutigen verbesserten Übersetzungen der Bibel liegen, ist es leider unmöglich, der Sache auf den Grund zu kommen. Selbst die besten und vorgeschrittensten der vorhandenen Aussagen lassen viel zu wünschen übrig. Wir haben für diese Untersuchung neben der Lutherbibel noch die Textbibel (von Kautzsch und Weizsäcker), die Elberfelder Bibel und die Miniaturbibel zu Rate gezogen, der Kürze wegen brauchen wir L. = Lutherbibel, T = Textbibel, E. = Elberfelder Bibel und M. = Miniatur).
Wir haben eine wie wir glauben ziemlich erschöpfende tabellarische Zusammenstellung aller Schriftstellen gemacht, in welchen die betreffenden Wörter (hebräisch: olam ; griechisch: aion und aionios ) vorkommen. Wir anerkennen gern, dass in den drei genannten verbesserten Übersetzungen (T. E. und M.) wohl ein großer Fortschritt zu verzeichnen ist, auch gegenüber der revidierten Lutherbibel; aber keine einzige hat sich völlig losgemacht aus der Umklammerung des mächtigen, tyrannischen Herkommens. Ein paar Proben werden das aufzeigen. Wir beschränken uns dabei auf das Neue Testament (NT), im Alten (AT) steht es nicht besser damit.
T. gibt z.B. in Hebr.1,2 das Wort aionas (=Äonen) getreu wieder mit Weltzeiten; ebenfalls Eph.3,9.11 und Kol.1,26 mit Weltaltern; aber Hebr.11,3 übersetzt sie, wie L., dasselbe Wort (aionas) mit „Welten“. Und während sie Hebr.9,26 richtig übersetzt „auf den Abschluss der Zeiten“, gibt sie Matth.13,39.40.49 und 24,3 das herkömmliche und verwirrende „Ende der Welt“.
E. ist fast durchweg konsequenter; aber weicht auch hier und da von sich selbst ab. Es begegnet ihr, dass sie Luk.1,33 (eis tous aionas) wiedergibt mit „in die Zeitalter“, dagegen Luk.1,55 (eis ton aiona) mit „in Ewigkeit“. Und während L. Joh.9,32 (ek tou aionos) nur mit „von der Welt an“ wiedergibt, erlaubt sich E. zu übersetzen „von Ewigkeit her“. So übersetzt sie (ap´aionos) in Apg.3,21 mit „von jeher“; aber Apg.15,18 denselben Ausdruck mit „von Ewigkeit her“.
M. sagt Apg.3,21 (wie L.) „von der Welt an“; dagegen Apg.15,18 (wie E.) „von Ewigkeit her“. Sie setzt Luk.16,8 „Kinder dieser Welt“, während sie den gleichen Ausdruck Luk.20,34 wiedergibt mit „Kinder dieser Weltzeit“. Diese Proben genügen um zu
zeigen, dass es hier nur einen sicheren und klaren Weg gibt, nämlich an allen Übersetzungen vorbei in die Grundsprachen der
Schrift hinein. Denn nicht die menschlichen Übertragungen, sondern nur die ursprünglich vom Heiligen Geiste selbst
gewählten Ausdrücke können für unsere Erkenntnis maßgebend sein!
Der einfache Leser braucht aber nicht zu erschrecken. Es soll hier keine gelehrten Auseinandersetzungen geben. Es soll nur
in der einfachsten Weise erklärt werden, wie es sich tatsächlich verhält mit dem Gebrauch und der Bedeutung der in der
Schrift so häufig wiederkehrenden Worte, welche unter andern auch die Übersetzung „Ewigkeit“ und „ewig“ bekommen haben
in unseren Bibelausgaben.
Im hebräischen Text des AT handelt es sich vornehmlich um das Wort „olam“, das sowohl das Hauptwort wie auch das
Eigenschaftswort (Adjektiv) oder als Umstandswort (Adverb) vorkommt. Im NT haben wir es zu tun mit dem auch in die
gebildete Sprache herübergenommenen Hauptwort aion (=Äon) und dem davon hergeleiteten Eigenschaftswort aionios . Wir
werden diese Wörter durchweg mit kursiven Schriftzeichen wiedergeben, so dass auch der mit griechisch oder hebräisch gar
nicht bekannte Leser immer folgen kann und weiß, um was es sich handelt.
01. Die Reichhaltigkeit des vorliegenden Stoffes
Das von uns zu behandelnde Material ist ungemein reichhaltig und mannigfaltig. Das hebräische Wort „olam“ kommt im AT nicht weniger als 373mal vor. Im NT begegnen uns das entsprechende Hauptwort „aion“ und das Eigenschaftswort „aionos“ nicht weniger als 168mal. Wir haben es also mit Ausdrücken zu tun, die in der ganzen Schriftoffenbarung zusammen über 500mal (541mal) gebraucht werden. Es ist einleuchtend, dass es bei einer solchen Fülle des Stoffes nicht an Gelegenheit fehlen wird, volle Klarheit zu bekommen über die vom Heiligen Geist selbst in diese Sprachkörperteile gelegten Bedeutungen, wenigstens was den einen Hauptpunkt unserer Untersuchung betrifft, ob die so häufig mit „ewig“ und „Ewigkeit“ übersetzten
Wörter den Begriff der Endlosigkeit in sich tragen und fordern – oder nicht. Wir glauben, einen jeden einfachen Schriftleser instandsetzen zu können, sich aufs allergewisseste davon zu überzeugen, dass weder das hebräische Wort olam noch die entsprechenden griechischen Ausdrücke aion und aionos im Sprachgebrauch der heiligen Schrift die Bedeutung von Endlosigkeit weder erfordern noch in sich tragen.
Dabei ist bereitwillig zugestanden, dass diese Worte in der Schrift sehr oft (wir glauben lediglich in Ermangelung anderer, entsprechender Sprachgefäße) mit Wesen, Zuständen und Verhältnissen verbunden sind, deren endlose Fortdauer ganz unleugbar ist, z.B. mit dem Wesen Gottes, seinem Leben usw. Wir werden aber im Verlauf unserer Untersuchung erkennen, dass der ursprünglichen Wortsinn jener Ausdrücke keineswegs mit dieser „Endlosigkeit der Fortdauer“ gleichgesetzt werden kann. Vielmehr werden sie (als einzig verfügbare Sprachgefäße) dessen mitteilhaftig, was aus den betreffenden Hauptbegriffen (wie Gott und sein Leben) in sie überfließt. Mit anderen Worten, es sind Begriffswörter, die in solchen Fällen dem Hauptbegriff nichts geben oder zulegen, sondern die von ihm nehmen, und in seinem Lichte glänzen.
Indem wir nun zur eigentlichen Untersuchung übergehen, bemerken wir zunächst :
02. Die heilige Schrift kennt eine Mehrheit von Ewigkeiten
Was selbst einem aufmerksamen Leser der Schrift auffallen muss, der nur die herkömmliche Lutherübersetzung vor sich hat, ist der Umstand, dass es so häufig heißt: von Ewigkeit zu Ewigkeit. Im AT 5mal, im NT 21mal. Wenn Ewigkeit wirklich in der Bibel das bedeutet, was man gewöhnlich darunter versteht, nämlich eine Dauer, die weder einen Anfang noch ein Ende hat, dann kann es selbstverständlich nie mehr als eine einzige Ewigkeit geben. Von Ewigkeiten in der Mehrzahl kann dann also unmöglich die Rede sein. Das kann nur dann der Fall sein, wenn eine solche „Ewigkeit“ beides hat, sowohl einen Anfang als ein Ende, wenn also „eine Ewigkeit“ der anderen folgen kann.
Tatsächlich liegen die Dinge wie folgt:
– Im AT kommt das Wort olam 10mal in der Mehrheitsform olamim vor, nämlich 1.Kön.8,13; 2.Chron.6,2; Ps.61,5; 77,6.8; 145,13; Jes.26,4; 45,17(2mal); Dan.9,24.
– Im NT erscheint die Mehrheitsform von aion noch viel häufiger und in größerer Mannigfaltigkeit der Verbindungen. So lautet es z.B. 7mal einfach eis tous aionas, d.h. in die Äonen (= Ewigkeiten), nämlich in Luk.1,33; Röm.1,25; 9,5; 11,36; 16,27; 2.Kor.11,31; Hebr.13,8. Der Doppelausdruck eis tous aionas ton aionon = in die Äonen der Äonen (einmal ohne Artikel) kommt nicht weniger als 20mal vor, nämlich in Gal.1,5; Phil.4,20; 1.Tim.1,17; 2.Tim.4,18; Hebr.13,21; 1.Petr.4,11; 5,11; Offb.1,6.18; 4,9-10; 5,13; 7,12; 10,6; 11,15; 14,11; 15,7; 19,3; 20,10; 22,5.
Daneben erscheint in Jud.25 noch die bemerkenswerte Verbindung: pantas tous aionas = alle oder sämtliche „Ewigkeiten“.
Ferner redet Paulus 3mal von chronoi aionio = ewigen Zeiten in der Mehrzahl, nämlich in Röm.16,25; 2.Tim.1,9 und Tit.1,2.
Allein aus diesen Beobachtungen geht deutlich hervor, dass es unmöglich ist, an der herkömmlichen Vorstellung einer einzigen biblischen „Ewigkeit“ von unbegrenzter Dauer, d.h. ohne Anfang und ohne Ende, festzuhalten. Daher kann niemand glauben, dass der das herkömmliche und landläufige Denken beherrschende Sinn von „Ewigkeit“ in den oben genannten 40 Schriftstellen einen Platz hat.
03. Die Schrift gebraucht den Ausdruck „vor den Ewigkeiten“
Wir kommen jetzt zu einigen beachtenswerten Stellen im neuen Testament, die unverkennbar zurückreifen nicht nur auf den Anfang der Äonen oder Ewigkeiten, sondern rückwärts noch über denselben hinaus. Hierher gehören zunächst die beiden klaren Worte Hebr.1,2 und 11,3 über die Entstehung und den Anfang der Ewigkeiten (Äonen). An ersterer Stelle wird erklärt, dass Gott durch den Sohn die Äonen (Mehrheitsform) gemacht habe. Somit muss es eine Zeit (man gestatte den ungenügenden, aber unvermeidlichen Ausdruck) gegeben haben, da es noch keine Äonen gab; anders hätte eine solche Erklärung keinen Sinn. Die biblischen Äonen oder Ewigkeiten sind also unleugbar göttliche Schöpfungen, die einmal ebenso wenig da waren, wie Himmel und Erde, ehe Gott sie ins Dasein rief; die aber einen Anfang nahmen, als Gott sie durch den Sohn (der also vor den Äonen da war) einsetzte, und die ganz selbstverständlich auch ein jeder sein eigenes Ende oder seinen Abschluss haben können und werden.
Dasselbe bezeugt Hebr.11,3: durch Glauben (d.h. durch gehorsames Beachten der Schrift) merken wir, dass die Äonen (=Ewigkeiten) durch Gottes Wort eingerichtet, hergestellt, oder angeordnet worden sind (der Ausdruck bedeutet: organische Gliederung und Zusammenfügung). Damit ist deutlich gesagt, dass Gott und das Wort (=der Sohn Gottes) vor den von ihm durch den Sohn (=das Wort) geschaffenen und angeordneten Äonen oder Ewigkeiten dagewesen ist. Mit anderen Worten, Gott und der Sohn Gottes waren, ehe „Ewigkeiten“ im biblischen Sinne vorhanden waren. Diese sind also nach der Schrift das Werk eines göttlichen Schöpfungsaktes, durch das Wort Gottes, seinen Sohn.
Es ist von großer Bedeutung, sich das einfach festzuhalten und tief einzuprägen. Denn hier gehen klare biblische Lehre und philosophisch beherrschte Theologie verschiedene Wege. In unserem durch die Philosophie und Theologie beeinflussten Denken fließen die Begriffe Gott und Ewigkeit uferlos durcheinander. Wir sind nicht gelehrt worden, uns Gott außerhalb und jenseits dessen vorzustellen, was wir „Ewigkeit“ nennen. Man hat unseren Gottesbegriff in die Fesseln des philosophischen Ewigkeitsbegriffes gelegt. Da müssen wir wieder scheiden und unterscheiden lernen. Denn das geschieht deutlich in jenen beiden ganz klaren Schriftworten, die unsren Gott und seinen Sohn (das Wort) schöpferisch hoch über die Äonen stellen; während die Philosophie beide kreatürlich durch ihren Ewigkeitsbegriff bindet, bestimmt und beschränkt. Der Gott der Philosophie und Theologie kann gar nicht von der philosophischen Ewigkeit getrennt oder gelöst gedacht werden. Der Gott der Bibel besteht vor und über allen biblischen Ewigkeiten, so gewiss er vor und über allen Welten und Himmeln besteht.
Haben wir aber einmal wieder begriffen, dass Gott war und lebte vor allen Ewigkeiten (Äonen), dann werden wir uns leichter vorstellen können, dass Gott leben und bleiben wird, auch nachdem die von ihm verordneten und aneinandergefügten Äonen oder Ewigkeiten längst dahingeflossen sein werden, weil sie ihren Zweck erfüllt haben. Mit anderen Worten, die Unendlichkeit und Unvergänglichkeit des göttlichen Wesens und Lebens ist in keiner Weite bedingt durch die etwaige Endlosigkeit der von Ihm geschaffenen Äonen. Dieselben werden alle ihr Ende finden; Gott niemals.
Weiteres Licht fällt auf diesen Punkt aus den schon oben angeführten Worten des Apostels Paulus, der 2.Tim.1,9 und Tit.1,2 den bezeichnenden Ausdruck gebraucht: pro chronon aionion, d. i. vor ewigen Zeiten, also ehe es noch Ewigkeiten oder Äonen gab. Es ist bemerkenswert, dass in dieser Wendung die beiden Begriffe Zeit (griech. chronos) und ewig (griech. aionios) miteinander verbunden sind. Daraus ist ersichtlich, dass in der Vorstellung des Heiligen Geistes dieselben keineswegs einen unversöhnlichen, ausschließenden Gegensatz zueinander bilden. Wir sind kaum anders zu denken gewöhnt, als dass sich Zeit und Ewigkeit grundsätzlich unterscheiden und zwar dadurch, dass Ewigkeit weder Anfang noch Ende, die Zeit aber beides hat. Die Zeit, namentlich unsere eigene Lebenszeit wird dabei als etwas gedacht, das ganz außerhalb der Ewigkeit steht und irgendwie selbständig neben derselben herfließt. Daraus ist dann die weitere Vorstellung entstanden, wonach für jeden einzelnen Menschen die Ewigkeit erst mit seinem leiblichen Tod beginnt. „Er oder sie ist aus der Zeit in die Ewigkeit hinübergegangen“ – ist eine landläufige Rede, sogar bei bibelkundigen Christen. Da stellt man sich die Ewigkeit vor als etwas von jeher Bestehendes und Vorhandenes, wie ein uferloser Ozean, in welchem nun das Bächlein unseres Daseins einmündet und dann gehört es auch der „Ewigkeit“ an. Daraus war dann die nächste Folgerung fast von selbst gegeben, dass der Zustand, in dem ein Mensch die Zeitlichkeit verlässt, derselbe bleibe „bis in alle Ewigkeit“.
Das sind Kettenschlüsse von Vorstellungen, denen eine gewisse Logik und natürliche Folgerichtigkeit eigen zu sein scheint, die aber von falschen, d.h. unbiblischen Grundvoraussetzungen ausgehen. Die biblischen Äonen oder Ewigkeiten sind dagegen, wie wir erkannten, Schöpfungen Gottes, die einen ganz bestimmten Anfang haben und folgerichtig auch ein Ziel und Ende. Es sind große Zeiträume, Weltzeiten, Weltalter, denen im einzelnen der Begriff der Endlosigkeit gar nicht eigen ist oder innewohnt. Sie umschließen und begreifen in sich alles, was mit der Offenbarung des Sohnes Gottes in der Schöpfung zusammenhängt; denn durch ihn wurden sie geschaffen. Ihr Dasein und Zweck decken und erschöpfen sich mit der Erfüllung der dem Sohne vom Vater gestellten Aufgaben mit dem geschaffenen All. Dass diese ein Ziel und Ende haben, werden wir aus der Schrift noch deutlich erkennen.
So richtet denn das Wort Gottes in den oben erwähnten Aussagen des Apostels unseren Blick rückwärts in Zeiträume, die bestanden, noch ehe es Äonen oder Ewigkeiten gab.
Das geschieht z.B. in 1.Kor.2,7. Hier redet Paulus von der verborgenen Weisheit, die Gott verordnet habe zu unserer Herrlichkeit pro ton aionon = vor den Äonen oder Ewigkeiten. Damit sagt er uns, dass diese verborgene Weisheit den eigentlichen Urgrund, das Fundament gebildet habe, aus und auf welchem Gott seine großartigen Plan der Zeitalter oder Ewigkeiten, die er durch den Sohn und für den Sohn gemacht, aufgebaut habe (Hebr.1,2; 11,3). Das deckt sich dann wieder mit jener Aussage der göttlichen Weisheit selbst in Spr.8,23: ich bin eingesetzt (me-olam) von Ewigkeit her, von Anbeginn, vor den Uranfängen der Erde (Elberfelder Übersetzung).
Ebenso gehört hierher noch die in Jud.25 vorkommende Bezeichnung pro pantos tou aionos = vor jedem Äon, vor aller Ewigkeit.
Also auch aus diesen Schriftworten ergibt sich deutlich, dass den heiligen Männern Gottes, welche der Heilige Geist zum Niederschreiben der göttlichen Offenbarungen trieb und befähigte, unser herkömmlicher Begriff von einer einzigen anfanglosen und endlosen Ewigkeit durchaus fern gelegen haben muss.
04. Die Heilige Schrift kennt eine Dauer über die Ewigkeit hinaus
Wie wir soeben rückwärts geschaut haben und deutlich die biblischen Grenzmarken erkennen konnten, welche den von Gott geschaffenen Äonen oder Ewigkeiten gesetzt sind, so befähigt uns dieselbe untrügliche Gottesoffenbarung ein Gleiches vorwärts schauend zu tun. Es bedarf keines Beweises, dass es nach den herkömmlichen, unser Denken beherrschenden, Vorstellungen von „Ewigkeit“ über dieselbe hinaus nichts geben kann. Im Worte Gottes aber kommen Ausdrücke vor, deren Bildung offenbar auf die Vorstellung zurückzuführen ist, dass es jenseits einer oder mehrerer, oder aller Ewigkeiten (Äonen) wohl noch andere, fernere Zeiten gibt. So kommt schon im AT nicht weniger als 13mal eine Wortverbindung vor, die das deutlich besagt. Diese lautet: olam wa-ed . Sie findet sich in Ps.9,6; 10,16; 21,5; 45,7.18; 52,10; 104,5; 119,44; 145,1.2.21; Dan.12,3; Mich.4,5.
Da haben wir also zunächst das so bekannte und geläufige Wort olam = Äon oder Ewigkeit noch verstärkt durch den Zusatz wa-ed .Derselbe ist gebildet aus dem Bindewörtlein wa , das „und“ bedeutet, und dem Hauptwort ed oder ad , welches Dauer bezeichnet, und welches in dieser Bedeutung sehr häufig vorkommt; auch öfters mit olam gleichbedeutend gebraucht und wie hier, mit diesem kombiniert wird.
Die Lutherbibel (sowie T., E. und M.) geben diese eigenartige Zusammensetzung durch immer und ewiglich; auf immer und ewig, in alle Ewigkeit. Keine dieser Übertragungen entspricht genau und anschaulich dem, was in der ursprachlichen Wortverbindung ausgedrückt ist. Voran steht das Wort olam, wir wissen bereits was es bedeutet. Dann folgt der Zusatz wa-ed, den man sinngemäß passend mit „und weiterhin“, „und fortdauernd“ übersetzen könnte. Die zugrunde liegende Gedankenvorstellung ist unverkennbar die, dass es vorwärts blickend über olam hinaus noch eine Dauer gibt; eine Vorstellung, die gänzlich ungereimt und sinnlos wäre, wenn mit dem Wort olam ohnehin schon eine unbegrenzt endlose Dauer gesetzt wäre.
05. Der biblische Gebrauch von „ewig“ und „Ewigkeit“ bei Dingen und Zuständen, die nach Schrift und Erfahrung nicht von endloser Dauer sind
Wir wenden uns nun zu einem Gebrauch der Wörter olam im AT, aion und aionos im NT, aus dem sich in überzeugender Weise ergibt, dass es durchaus statthaft ist nach der Schrift, diesen Worten unter Umständen den Begriff der Endlosigkeit anzuheften oder beizulegen. Wir werden aber auch sehen, dass in Hunderten von Fällen jene Worte diese Bedeutung u n m ö g l i c h haben können!
Zunächst scheiden wir aus der Gesamtzahl alle diejenigen Stellen bei dieser Untersuchung aus, an welchen das Leben und Wesen Gottes selbst mit jenen Worten bezeichnet werden. Wir kommen später noch auf die Frage zurück, was wohl die Schrift uns sagen will, wenn sie Gott den ewigen Gott (1.Mose21,33; Röm.16,26), den Vater der Ewigkeit (Jes.9,7), oder den Fels der Ewigkeit (Jes.26,4) nennt. Solche Stellen gibt es allein im AT 120. Das lässt für diese Untersuchung noch 253 Stellen übrig, in welchen olam nicht von Gott, sondern von Geschöpfen und deren Zuständen oder Beschaffenheiten gebraucht wird. Im NT werden die betreffenden Wörter aion und aionos auf die Gottheit 41mal angewendet. Das lässt uns 129 Stellen, die für unsere Untersuchung in Betracht kommen. Somit werden in der ganzen Heiligen Schrift 382mal die biblischen Wörter „ewig“ und „Ewigkeit“ von Dingen, Einrichtungen, Anordnungen und Zuständen gebraucht, die als geschaffenes samt und sonders einen Anfang gehabt haben. Denn alles Geschaffene hat einmal einen Anfang gemacht. Damit wird zunächst die eine Hälfte jener so geläufigen Erklärung für „Ewigkeit“ als von einer Dauer, die keinen Anfang kenne, völlig hinfällig. Wir können diese daher in der überwiegenden Mehrheit, d.h. in 382 von 543 Schriftstellen, die von Ewigkeit reden, einfach nicht gebrauchen. Diese Stellen sind mindestens zur einen Hälfte falsch oder irreleitend. Und es bleibt die Frage, ob ihre zweite Hälfte, ob Ewigkeit in der Schrift immer auch kein Ende habe, nicht festgehalten werden darf oder muss?
Da wollen wir nun zunächst sehen, wie oft die heilige Schrift von jenen Worten Gebrauch macht in Fällen und bei Dingen, wovon jedes erleuchtete Kind Gottes auf den ersten Blick sagen muss, da sei an endlosen Fortbestand gar nicht zu denken. Solche ganz augenscheinlichen Fälle gibt es im AT nicht weniger als 106 (von 253); in NT 41 (von 129); also insgesamt 147 von 382; das ist somit weit über ein Drittel aller Stellen, die dabei in Frage kommen.
Es wird uns lohnen, auf manche von diesen etwas näher einzugehen. Denn bei manchen von ihnen ist aus den gewählten Übersetzungen (selbst in den verbesserten Ausgaben, T., E. und M.) nicht immer ersichtlich, dass da im hebräischen Text olam; oder im griechischen aion oder aionos stehen. Unsere Übersetzer haben eben, mit sehr wenigen Ausnahmen, keinen Anstoß daran genommen, die deutschen Wörter „ewig“ und „Ewigkeit“ ruhig zu gebrauchen da wo von Gott, seinen Eigenschaften oder Betätigungen die Rede ist. Wo sie aber dieselben Wörter (olam, aion, aionios) bei Geschöpfen und ihren Zuständen fanden, da haben sie in einem ganz berechtigten Empfinden, dass das hier nicht immer passe, sich nach verschiedenen andern Bezeichnungen und Ausdrücken umgetan. Gleichwohl haben sie noch oft genug „ewig“ stehen lassen (auch T., E. und M.), wo es im herkömmlichen, philosophischen Sinne ganz gewiss nicht am Platze ist.
Die größte Gruppe von Schriftstellen, an denen olam von Dingen gebraucht wird, welche gewiss nicht auf eine endlose Fortdauer angelegt und berechnet waren, ist die, in welchen kultische, levitische Verordnungen, Einrichtungen und Bestimmungen als „ewig“ bezeichnet werden. So 2.Mos.12,14. 17,24; 29,9; 31,16; 40,15; 3.Mos.3,17; 6,18.22; 7,34.36; 10,9.15; 16,19.31.34; 23,14.21.31.41; 24,3.8.9; 25,32.34.46; 4.Mos.10,8; 15,15; 18,8.11.19.23; 19,10.21; 25,13; 1.Sam.1,22; 2,30; 1.Kön.8,13; 9,3; 1.Chron.15,2; 23,13(2mal); 29,18; 2.Chron.2,4; 30,8; Hes.46,14.
Das sind allein 46 Stellen, in welchen der Heilige Geist Gebrauch macht von „olam“ zur Bestimmung von Vorgängen und Einrichtungen, die ganz unleugbar nur für eine begrenzte Zeit dauern sollten. Ein solcher Gebrauch dieses Wortes wäre aber undenkbar und gänzlich unstatthaft, wenn die dem Worte „olam“ eigene Wurzelbedeutung eine solche wäre, die jeden Gedanken an begrenzte Dauer ausschlösse, wie das z.B. bei dem deutschen Worte endlos oder unendlich der Fall ist.
Wir fahren noch etwas fort auf dieser Linie und finden, dass 1.Mos.9,12.16 vom Regenbogen als einem „ewigen“ Zeichen geredet ist; 5.Mos.28,46 von den Flüchen, die Israel treffen würden in demselben Sinne; Jos.4,7 von einem „ewigen“ Steindenkmal; 8,28 von einem „ewigen“ Schutthügel; Jes.32,14 von „ewigen“ Höhlen; 5.Mos.13,15; Jer.25,9.12; 49.13.33; 51.26.62; Hes.35,9 und Zeph.2,9 von „ewigen“ Wüsten – lauter Zustände und Dinge, die jenseits der Erneuerung dieser Erde gar nicht mehr gedacht werden können.
Ebenso wenig ist an eine „ewige“ Knechtschaft und Sklaverei zu denken in dem Sinne von endlos fortdauernd, wo das Wort olam zur Bestimmung einer solchen gebraucht wird, wie z. B. 5.Mos.15,17; 1.Sam.27,12; Hiob41,4; oder an endlosen Schlaf (Jer.51,39.57); oder an nie endende Schwangerschaft (Jer.20,17); an Feindschaft ohne Ende (Hes.35,9); oder an ein Verriegeltsein des Propheten Jonas in der Tiefe ohne Ende (Jona 2,7).
Der Bund der Freundschaft zwischen David und Jonathan ist gewiss nicht als von Dauer ohne Ende gedacht, wiewohl dabei 3mal „olam“ gebraucht wird: 1.Sam.20,15.23.42. Der Aussatz Naemanns, der „ewiglich“ anhaften sollte, ist längst verschwunden; 2.Kön.5,24.
Der Befehl an die aus Babylon Wiederkehrenden, den Frieden der Völker im Lande „ewiglich“ nicht zu suchen (Esra9,12); oder der andere, die Ammoniter und Moabiter „ewiglich“ nicht in die Gemeinde Gottes zu lassen (5.Mos.23,3.6; Neh.13,1); oder das Verbot Rechabs an seine Nachkommen „ewiglich“ keinen Wein zu trinken (Jer.35,6) – alle diese können unmöglich auf Zeitläufe ausgedehnt werden, die niemals ein Ende hätten.
So redet Jer.5,15 von „ewigen“ Schranken des Meeres, während uns Offb.21,1 (samt 2.Petr.3,7.10.12) deutlich belehren, dass es auf der neuen Erde überhaupt kein Meer geben wird. Wo bleiben da die ewigen Schranken?
Ps.49,12 und Pred.12,5 nennen das Grab der Verstorbenen „ewiges“ Haus, während die Schrift deutlich die Auferweckung aller Verstorbenen, der Gerechten und Ungerechten, lehrt (Apg.24,15; 1.Kor.15,22). Und wenn Hiob (7,16) sich äußert, er wolle nicht „ewig“ leben, so bedeutet das offenbar nicht einen Verzicht auf Unsterblichkeit und zukünftiges Leben, sondern es deckt sich mit seinem verzweifelten Wunsch, (V. 15), lieber tot zu sein, als eine solche Jammergestalt.
Wir tun Nehemia gewiss nicht Unrecht, wenn wir seine Anrede an den König Arthasasta (2,3) nicht auf endlose Fortdauer des irdischen Lebens seines Monarchen deuten. Ähnliches gilt von Jes.47,7.
Auch wird der König David in seiner dankbaren Freude (1.Chron.29,18) über den freigebigen Sinn seines Volkes und dessen Fürsten wohl nicht an die Zeiten der zukünftigen Weltvollendung und Weltverklärung gedacht haben, als er ihnen dasselbe „ewiglich“ erhalten wünschte. Das kann nur gedeutet werden als von gleicher Dauer mit dem Bestande der kultischen Aufgaben des Volkes im damaligen Weltlauf.
Nun sind aus dieser Gruppe noch eine Reihe von Stellen übrig, an denen unsre Übersetzer selbst (mit wenigen Ausnahmen) die Verwendung der Worte „ewig“ und „Ewigkeit“ wohl aus dem richten Gefühl der Unstimmigkeit vermieden haben. So hat. z.B. L. 1.Mos.49,26 übersetzt: nach Wunsch der Hohen in der Welt (olam). T., E. und M. übersetzen gleichwohl (genauer): die „ewigen“ Berge oder Hügel. 5.Mos.33,15 hat Luther „von den Hügeln für und für (olam)“; T., E. und M. richtiger: die uralten Berge, die Berge der Vorzeit. Ps.24,7.9 redet Luther von „Türen in der Welt“; richtiger „uralte Tore“. Ps.143,3 von den Toten „in der Welt“(olam), d. h. den Toten der Vorzeit. In Spr.22,28 hat L. „die vorigen (olam) Grenzen“, T. die uralten; E. die alten; M. die „ewigen“ Grenzen. Dass olam hier wieder mit endloser Dauer nichts zu tun hat, ist offenkundig.
Wir nennen noch Ps.77,6, wo Luther übersetzt: die vorigen Jahre (hebr. olamim, die Mehrheitsform, also eigentlich Ewigkeiten). Ferner Jes.44,7; 63,16; 64,4; Joel 2,2, wo Luther olam und me-olam durch „vorhin“, „von alters her“, oder „von der Welt her“ überträgt. Der einfache Bibelleser hat natürlich an all diesen Stellen keine Ahnung, dass hinter diesen Übersetzungen in der Grundsprache dasselbe Wort steht, das sonst so oft mit „Ewigkeit“ wiedergegeben wird.
Wer würde das. z.B. bei Ps.73,12 vermuten, wo von den Gottlosen gesagt wird, dass sie olam = „ewig“ glücklich seien! Natürlich hat keine Übersetzung gewagt, das so auszudrücken, obschon es ganz konsequent wäre. L. setzt „in der Welt, T. „in steter Ruhe“, E. „immerdar, M. „immer.
Man sieht, wie wenig selbst unsere besten Übersetzungen auf diesem Gebiet uns zur völligen Klarheit verhelfen.
Ehe wir weitergehen, werfen wir noch einen kurzen Blick auf das Vorkommen von aion und aionios im NT. Wir dürfen uns wohl darauf beschränken, dem sorgfältigen Leser, der uns bisher aufmerksam gefolgt ist, nur die Stellen anzugeben, in welchen das NT von kreatürlichen Zuständen und Verhältnissen redet, die in der Natur der Dinge und gemäß der übrigen Schriftlehre nicht als endlos dauernd gedacht werden können, obschon sie mit aion und aionios bezeichnet werden. Man lese sorgfältig Matth.12,32(2mal); 13,22.39.40.49; 24,3; 28,20; Mark.4,19; Luk.1,70; 16,8; 20,34; Joh.9;32; Apg.3,21; 15,18; Röm.12,2; 16,25; 1.Kor.1,20; 2,6(2mal)7.8; 3,18; 8,13; 10,11; 2.Kor.4,4; Gal.1,4; Eph.1,21; 2,2; 3,9.11; Kol.1,26; 1.Tim.6,17; 2.Tim.1,9; 4,10; Tit.1,2; 2,12; Philem.15; Hebr.1,2; 9,26; 11,3.
An diesen Stellen hat Luther 37mal aus 41 das griech. Wort aion einfach mit „Welt“ übersetzt, außerdem mit „vor Zeiten“, „nimmermehr“ und „ewig. Hätte er konsequent überall „Ewigkeit“ gesagt, so würde es z. B. Matth.12,32 lauten: Weder in dieser Ewigkeit noch in jener. Oder Luk.16,8: Die Kinder dieser Ewigkeit. Oder Röm.12,2: Stellet euch nicht dieser Ewigkeit gleich. Oder Gal.1,4: Errettet aus dieser gegenwärtigen, argen Ewigkeit. Oder 2.Tim.4,10: Demas hat diese Ewigkeit liebgewonnen. Man braucht nur eine Anzahl solcher Stellen durchweg so zu behandeln, um sofort davon überführt zu werden, dass unsere Übersetzungen oft weit entfernt sind, der wahren Sachlage gerecht zu werden. Man sieht ferner, auch ohne Gelehrsamkeit, wie völlig unpassend und widersinnig es wäre, an den meisten dieser Stellen dem Wort aion die Bedeutung von endloser Dauer zu geben.
Der prüfende Leser wird bemerkt haben, dass wir in der obigen Liste eine sehr große Anzahl von Schriftstellen des NT´s namentlich alle, welche vom ewigen Leben, von ewigen Gericht oder von ewiger Strafe und Pein handeln, ganz unberührt gelassen haben. Das ist nicht aus Versehen oder Versäumnis geschehen, sondern wir gedenken auf diese noch besonders zurückzukommen.
Wir können diesen Abschnitt zügig zum Abschluss bringen und weitergehen. Es wird jedem unbefangenen Leser klar geworden sein aus der Fülle dieser Beispiele, dass der biblische Gebrauch dieser Wörter olam, aion oder aionios es niemals rechtfertigt und noch weniger erfordert, irgend etwas die Kreatur betreffendes deshalb als von endloser Fortdauer zu deuten, weil es mit einem dieser Wörter bezeichnet ist. Die bloße Anwendung dieser Ausdrücke allein kann nicht genügen, eine Sache, Zustand, Lage oder Verhältnis deshalb als endlos anzusehen. Dazu gehört noch etwas anderes, wie wir weiterhin sehen werden. Wir schreiten in unserer Untersuchung noch fort.
06. Gebrauch von olam und aion, aionios in Verbindung mit dem Priestertum und Königreich des Gesalbten Gottes, Jesus Christus
An folgenden (44) Stellen der heiligen Schrift ist die Rede a) von dem „ewigen“ Königreich des Gesalbten Gottes, und b) davon, dass er Priester sei „in Ewigkeit“ nach der Ordnung Melchisedeks.
a) Von seinem „ewigen“ Königreich handeln: 2.Sam.7,13.16.25.26.29.; 1.Kön.9,5; 1.Chron.17,12.14.23.24.27; 22,10; 28,4.7; 2.Chron.13,5; Ps.10,16; 18,51; 29,10; 45,7; 72,17; 89,5.29.37.38; 145.13; 146,10; Jes.9,7(6); Jer.10,10; Klagel.5,19; Hes.37,25; Mich.4,7; Luk.1,33; 1.Tim.1,17; 6,16; Hebr.1,8; 1.Petr.4,11; 2.Petr.1,11. (37 Stellen)
b) Von seinem „ewigen“ Priestertum reden die folgenden: Ps.110,4; Hebr.5,6; 6,20; 7,17.21.24.28. (7 Stellen)
Wir sind uns beim Niederschreiben dieser Worte wohl bewusst , dass viele, wenn nicht die meisten Leser schier erschrecken und es als geradezu unerhört empfinden mögen, dass wir sogar hier in Frage ziehen wollen, ob olam , aion und aionios die Bedeutung von nie endender Dauer haben. Bisher haben wir das Gegenteil nachgewiesen, aber nur an kreatürlichen Dingen, Ordnungen und Verhältnissen. Hier aber handelt es sich um Göttliches. Da will jedes Fragestellen als ausgeschlossen erscheinen. Aber das Wort Gottes selbst redet auch an diesem Punkt eine ganz unzweideutige Sprache und berechtigt uns aufs Klarste, auch von hier aus die uns beschäftigende wichtige Frage zu beleuchten.
In 1.Kor.15,24-28 belehrt uns nämlich der Apostel wie folgt: „Hernach das Ende, wann er (Christus) das Reich dem Gott und Vater übergibt, wann er abgetan haben wird jede Herrschaft, Gewalt und Macht; … wann ihm aber alles unterworfen sein wird, dann wird auch der Sohn selbst sich dem unterwerfen, der ihm alles unterworfen hat, auf dass Gott sei alles in allen.“ Aus diesen Worten geht deutlich hervor:
1. Dass die Schrift bestimmt unterscheidet zwischen einem königlichen Regiment des Sohnes und einer darauf folgenden, dasselbe ablösenden Universalverwaltung des Vaters.
2. Das königliche Regiment des Sohnes ist das vom Vater verordnete Mittel zur völligen Unterwerfung des ganzen Alls, wie geschrieben steht: er muss aber herrschen, bis dass er alle seine Feinde gelegt hat unter seine Füße (V.26).
3. Es unterliegt keinem Zweifel, dass es dem Sohn vollständig gelingen wird, jeden Widerstand zu besiegen und sich das All völlig zu unterwerfen. Er wird unfehlbar jede Gewalt, Macht und Herrschaft abtun, also dass tatsächlich das All unter ein Haupt, Christus, wieder zusammengebracht wird, durch ihn selbst. Kol.1,20; Eph.1,21.22; Phil.2,9-11.
4. Nachdem dann der Sohn durch sein vollkommenes Walten die völlige Harmonie im All wieder hergestellt hat, und dadurch jede fernere Notwendigkeit für das Bestehen von Herrschaften und Gewalten beseitigt ist, wird er selbst sein Regiment in die Hände dessen zurückgeben, der es ihm übertragen hatte zur Durchführung in den alsdann verflossenen „Ewigkeiten“. Der Sohn tritt ab, nicht weil es ihm misslang, sondern weil nun im ganzen All, in der sichtbaren und unsichtbaren Welt, keine Feindschaft mehr zu besiegen, kein Widerstand aufzuheben, kein Schaden und Weh mehr zu heilen und auch der letzte Feind, der Tod, verschlungen ist in den Sieg. Damit hat das „ewige“, d. h. das für die genau abgegrenzten und wohlgeordneten Äonen bestimmte Reich des Gesalbten sein Ziel, seine Vollendung, sein Ende erreicht. Gott ist alles in allen geworden.
Damit halten wir es für erwiesen und in der Schrift begründet, dass auch das herrliche, großartige, seit Jahrtausenden verheißene und ersehnte königliche Regiment des Sohnes, welches sich „von Ewigkeit zu Ewigkeit“ erstreckt, als solches ebenfalls nicht von endloser Dauer sein, sondern eines Tages nach Äonen von Äonen, dem Reiche Gottes des Vaters Raum geben wird.
Hat das seine biblische Richtigkeit, dann ist es durchaus verständlich und selbstredend, dass auch die priesterlichen, fürbittenden, tragenden, sühnenden Funktionen dessen, der ein Hohepriester ist in „Ewigkeit“, nach der Ordnung Melchisedeks, damit zugleich ihren Abschluss gefunden haben werden. Denn es bleibt alsdann im ganzen All nichts mehr zu versöhnen oder zurechtzubringen.
Für unsere Untersuchung ergibt sich hieraus für viele gewiss überraschende, aber unanfechtbare Ergebnis, dass selbst die umfassendsten und ausgedehntesten Bezeichnungen von langer Dauer, welche mit Hilfe der Worte olam, aion und aionios gebildet werden und die mit Ausdrücken wie „Ewigkeit zu Ewigkeit“ übersetzt werden, auch da, wo sie von Offenbarungen und Erweisungen göttlicher Herrlichkeit stehen, nicht mit Notwendigkeit den Begriff von endloser Dauer fordern oder setzen. Eine gewissenhafte Schriftauslegung, die nicht mit philosophischen, sondern nur mit biblisch festgelegten Begriffen arbeitet, kann angesichts solcher Tatsachen nie mehr behaupten, dass irgendwelche Zustände oder Verhältnisse ohne weiteres deshalb als von endloser Dauer bezeichnet werden dürfen, weil zu ihrer Bestimmung in der Schrift solche Ausdrücke gebraucht werden wie „von Ewigkeit zu Ewigkeit“, „immer und ewiglich“ und ähnliche, die sich selbst aus den stärksten Häufungen und Verbinden der Worte olam, aion und aionios ergeben.
07. Der Gebrauch von olam , aion und aionios in Verbindung mit Namen Gottes
Wir fanden oben (unter 6.), dass der Stellen, wo diese Wörter in solcher Verbindung gebraucht werden, im AT allein 120 und im NT noch 41 sind.
Zunächst ist es bezeichnend, dass es da, wo uns Gott in seiner Offenbarung zum erstenmal entgegentritt, einfach lautet: Im Anfang schuf Gott. Das heißt natürlich, ehe es einen Anfang alles Geschaffenen gab, war Gott, dessen Dasein von keinem Anfang weiß. Dasselbe wird uns im NT auch von dem Sohne, d. i. von dem Worte Gottes bezeugt, dass „im Anfang war, das bei Gott war und Gott war“ (Joh.1,1). Damit steht für jeden Bibelgläubigen fest das anfangslose Dasein des Sohnes als Gott und bei Gott. So wird also im Worte Gottes da, wo man es zuerst hätte erwarten können, der Versuch gar nicht gemacht, die Dauer des Wesens Gottes durch ein entsprechendes Bestimmungswort (wie etwa olam) von vornherein festzulegen. Es heißt in majestätischer Einfachheit und Bestimmtheit: Im Anfang – Gott! Das ist dem Geist der Offenbarung vollkommen genügend.
Ebenso später von dem Sohne: Im Anfang war das Wort! Großartiger, deutlicher, präziser konnte das Wesen Gottes, das von einem Anfang nichts weiß, gar nicht bezeichnet werden. Wäre es die Absicht der Schrift gewesen, irgend einem Bestimmungswort von vornherein diese unermessliche Füllung zu geben, dann war offenbar die Gelegenheit hier. Dass das nicht geschah, darf bei unserer Untersuchung nicht außer acht gelassen werden. Wie denn manchmal das Schweigen der Schrift eine viel beredtere Sprache führt, als viele Worte.
Auch ist es gewiss nicht von ungefähr, dass da, wo „olam“ zum erstenmal in der Schrift wirklich vorkommt, es nicht auf das Wesen oder Leben Gottes bezogen wird, sondern vom Leben des Geschöpfes, und zwar des schon gefallenen Menschen gebraucht wird. Dabei steht ja ganz unleugbar fest, dass solches einen Anfang gehabt hat, also keinesfalls unter die philosophische und herkömmliche Bedeutung von „ewig“ gestellt werden darf. Die Stelle ist 1.Mos.3,22 und lautet: Nun soll er (der gefallene Mensch) nicht auch noch seine Hand ausstrecken und von dem Baum des Lebens nehmen und essen und ewiglich leben! Wir werden auf dieses Wort im nächsten Abschnitt noch zurückkommen.
Das erstemal, dass „olam“ in Verbindung mit göttlichem Wirken gebraucht wird, ist 1.Mos.6,3: Mein Geist soll den Menschen nicht „ewig“ (le-olam) darüber strafen, dass auch er Fleisch ist. Es ist ersichtlich, dass wir dieses Wort mit Fug und Recht hätten oben anführen können unter der Reihe derer, die eine Tätigkeit bezeichnen, die unter keinen Umständen als von endloser Dauer gedacht werden kann. Der Zusammenhang macht es klar, dass es sich hier um eine Kürzung der den Menschen noch gelassenen Frist zur Buße handelt, nicht aber um etwas, das überhaupt kein Ende haben sollte.
Die Bezeichnung „der ewige Gott“ kommt zum erstenmal vor in der Geschichte Abrahams, und zwar erst 1.Mos.21,33: Abraham aber pflanzte eine Tamariske zu Beer-Sheba und rief daselbst an den Namen Jehovas, des ewigen Gottes. Es ist jedenfalls beachtenswert, dass uns diese Bezeichnung Gottes durch „olam“ erst so spät in der Entfaltung der Offenbarung begegnet, während wir oben erkannten, dass gleich auf dem ersten Blatt der Bibel im allerersten Worte von ihm bezeugt wird (aber ohne den Gebrauch von olam !), dass er vor dem Anfang aller Kreatur gewesen ist. Jetzt waren aber seit jenem unberechenbaren Anfang, da die Himmel und die Erde geschaffen wurden, ungemessene Zeiträume verstrichen. Im großen Sechstagewerk hatte die Erde, welche „wüst und leer“ geworden war (1,2) eine hoch bedeutsame Erneuerung und Umgestaltung erfahren. Der Mensch war auf ihr erschienen und gefallen. Die Tage des Paradieses waren dahin. Das erste Weltalter, in welchem Gott mit der von ihm abgefallenen Menschheit handelte, war auch bereits verstrichen. Das verheerende Gericht der Flut war über die Erde dahingegangen. Mit Noah war ein neuer Anfang geschehen, ein neues Weltalter begonnen worden. Dasselbe lief schon Jahrhunderte. Abraham wurde berufen und im Glauben erzogen. Und erst als er bereits die höchste Stufe seiner Glaubensreife erlangt und durch die Opferung Isaaks bewährt werden sollte, da wird von ihm zum erstenmal in der bisherigen Offenbarungsgeschichte berichtet, dass er zu Beer-Sheba den Namen Jehovas, des ewigen (olam) Gottes angerufen habe. Im Lichte eines solchen gewiss nicht zufälligen Werdeganges der geschriebenen Offenbarung Gottes erscheint die Frage wohl berechtigt, ob mit dem Worte olam in Verbindung mit dem Namen Gottes „Jehova“ (dem Abraham und) uns nichts weiter gesagt werden soll, als dass dieser Gott keinen Anfang und kein Ende habe. Es will uns vorkommen, als ob eine solche Bezeichnung, wenn in ihr nichts mehr ausgedrückt läge, als die philosophische Abstraktion von einem Wesen ohne Anfang und Ende, eigentlich nichtssagend wäre, zumal eine solche Erkenntnis nicht nur bei Abraham, sondern bei den vorflutlichen Vätern bis auf Adam zurück als durchaus selbstverständlich vorausgesetzt werden kann und muss. Oder kann sich ein Schriftgläubiger die Väter vor Abraham denken als Gottesanbeter, die über die Frage, ob es mit ihrem Gott je ein Ende nehmen könnte, im Zweifel oder in Ungewissheit gestanden hätten?
Nun steht vor dem Namen der „ewige Gott“ an dieser Stelle auch noch der Name Jehova. Das ist sehr beachtenswert. Denn gerade durch diesen Namen wird in der Schrift besonders deutlich ausgedrückt, dass Gott der Urheber und Schöpfer der großartigen Veranstaltungen und Ordnungen ist, die im Sohne (Jehova-Jesus) begründet sind und durch ihn und zu ihm hinausgeführt werden sollen „zur Ehre Gottes des Vaters“. Er ist der Gott, der da war, der da ist und der da kommt.
Der Gott, der nicht in starrer, tatenloser Ruhe ein selbstbeschauliches Traumdasein führt, sondern der Gott, der Pläne, Gedanken und Ratschläge fasst und sie in wohlgeordneter, machtvoller Folge durchzuführen weiß. Der Gott, der sich ein Volk zum Eigentum und zum ausschließlichen Träger all seiner Selbstoffenbarung wählt, und der, um dieses Volk zu erlösen, sich mit demselben eins macht; der in der Gestalt des sündigen Fleisches erscheint, um dadurch nicht allein die Sünde endgültig abzutun, sondern auch durch sich selbst das ganze, in Unordnung geratende All wieder zu unterwerfen und zu Gott zurückzuführen. Beherzigen wir dies alles und übersetzen wir dann einfach, wie wir es durch die bisherigen Untersuchungen völlig berechtigt gefunden haben, „olam“ mit Zeitalter oder Weltalter, dann haben wir hier die Erklärung, dass Abraham auf dieser Stufe seines Glaubenslebens den Namen Jehovas, des Gottes der Zeitalter, oder der Weltzeiten, angerufen habe. Dabei sind diese Weltzeiten nicht in erster Linie (wenn überhaupt) als bloße Zeitmaße gedacht, daran Gottes Daseinsdauer gemessen werden soll, sondern sie sind die gewaltigen, alles menschliche Maß überragenden, menschlicher Berechnung sich entziehenden Zeitflächen, auf denen Jehova die unermessliche Mannigfaltigkeit seiner herrlichen Gedanken Geschichte werden lässt, um seinen Namen groß zu machen. (Aus 2.Mos.6,2.3 ist klar ersichtlich, welches Gewicht Gott auf die stufenweise Offenbarung seiner Selbst, besonders aber auf die Erkenntnis des Namens Jehova legt.)
In dieser Auffassung werden wir sehr bestärkt durch ein Wort, das Jes.9,5 unverkennbar auf den verheißenen Sohn geht. Derselbe wird dort genannt: Wunderbar, Rat, starker Gott, Ewigvater, Friedefürst. Das Wort, das hier mit „Ewigvater“ übersetzt ist, lautet im Hebräischen abi-ad. „Ab“ bedeutet Vater. Und das zweite Wort „ad“ ist uns oben schon bei unseren Beobachtungen begegnet als eins, dass mit „olam“ große innere Verwandtschaft besitzt und häufig mit demselben in Verbindung gesetzt ist. Während nun bei „olam“ (das von alam = verhüllen abgeleitet ist) der Grundbegriff des Verborgenen, Verhüllten, Unabsehbaren vorwaltet, steht bei „ad“ der Begriff des zu erreichenden Zieles, dem der Äon zustrebt, im Vordergrund. Weder dem einen noch dem anderen ist der Begriff der Endlosigkeit eigen. Somit lehrt uns dieser dem Sohn gegebene Name deutlich, was wir in unseren bisherigen Untersuchungen überall bestätigt fanden, dass uns mit „olam“ und sinnverwandten Bezeichnungen des sich offenbarenden Gottes keineswegs nur theoretische Unterweisungen über die endlose Dauer des göttlichen Lebens und Wesens gegeben werden soll, sondern ein reicher Einblick in die mannigfaltige, unabsehbar großartige Weise seiner die Weltzeiten umfassenden Erweisungen an seiner Schöpfung.
Noch helleres Licht fällt auf diese Frage aus einer Aussage von Gott, dem Allbeherrscher, die Ps.90.1,2 getan wird: Herr (Adonai = Allbeherrscher), du bist unsere Zuflucht für und für! Ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen worden, bist du Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit (me-olam we-ad olam). Von diesem Wort wird wohl am häufigsten Gebrauch gemacht, um darzutun, dass „Ewigkeit“ in der Bibel ganz gewiss Endlosigkeit bedeute. Und doch genügt ein wenig sorgfältiges Nachdenken, um uns eines besseren zu belehren. Gott wird hier in seiner Eigenschaft als „Allbeherrscher“ angeredet. Das konnte er aber unmöglich sein, ehe es Geschöpfe und Wesen gab, die zu beherrschen waren. Ja, wenn Herrschaft im engeren Sinne erst nötig wurde durch eingetretene Sünde, dann konnte diese göttliche Funktion erst nach dem Fall der Engel in Kraft treten. Also entweder müsste die Schöpfung ebenso wie Gott ohne Anfang gedacht werden; aber dem widerspricht das erste Wort der Bibel und viele andere danach. Oder aber, es gab vor dem Anfang der Schöpfung, oder vor dem Fall Satans, eine Zeit, da für Gott eine Ausübung oder Erweisung dieses Titels „Allbeherrscher“ nicht gegeben war. Zu dem gleichen Ergebnis führt uns weiteres Nachdenken, wenn wir vorwärts blicken in das Vollendungszeitalter der göttlichen Gedanken in Christo Jesu, wenn die Ziele, die er mit seiner Herrschaft im ganzen All erreichen will, nun auch wirklich erreicht sind und Gott wieder alles in allen geworden ist. Dann ist selbstredend für Herrschaft, die ja nur Mittel zum Zweck sein kann, kein Raum mehr, wie das ja auch in 1.Kor.15,24-28 bestimmt ins Auge gefasst ist. So gewaltig und unabsehbar sich daher die Weltalter auch ausdehnen, von welchen hier in der stärksten Häufung der Ausdrücke (von Ewigkeit zu Ewigkeit) die Rede ist, von endloser Dauer sind dieselben keineswegs. Dass damit dem Wesen Gottes Endlosigkeit des Bestandes nicht abgesprochen ist, wird jeder unbefangene Leser wohl begreifen. Die Schrift hat dafür, wie wir zum Teil schon fanden, sehr bestimmt, ganz unzweideutige Ausdrücke. So sahen wir oben, dass in 1.Mos.1.1 Gott das Dasein v o r jedem Anfang mit Himmel und Erde zugesprochen wird. Das Gleiche fanden wir für den Sohn in Joh.1,1. Dass es ferner für Gott nie ein Ende geben wird, sagen uns ganz unzweideutige Worte, wie z.B. Ps.102,28: Du aber bleibest wie du bist, und deine Jahre nehmen kein Ende. Dasselbe Wort wird in Hebr.1,12 auf den Sohn, den Erben über alles angewendet. Aber weder das einfache noch das verdoppelte olam reden von der Unendlichkeit seines Lebens oder Wesens, wiewohl sie derselben nicht im geringsten widersprechen noch dieselbe beeinträchtigen. Wir betonen nur, dass die Worte olam (und im NT die entsprechende aion und aionios ) nicht unsere Bezugsquelle sind für die Erkenntnis dieser Seite der göttlichen Wahrheit. In ihnen liegt nicht das Vermögen, noch die Absicht, Endlosigkeit zum Ausdruck bringen.
Somit hat auch dieser Teil unserer Untersuchung ergeben, dass die Verbindungen der Worte, die man mit „ewig“ und „Ewigkeit“ übersetzt hat, mit dem Namen Gottes auch nur dasselbe bedeuten, was wir bisher allenthalben gefunden haben, nämlich dass mit denselben wohl die unbegreiflichen, vielfach verborgenen, unberechenbaren Beziehungen Gottes zum ganzen geschaffenen All in Schöpfung, Erlösung und Erneuerung, wie sie sich im Rahmen ungemessener Zeitalter darstellen, bezeichnet werden, nicht aber Endlosigkeit der Dauer seines Lebens und Wesens. Diese letztere findet ihren durchaus genügenden, jeden möglichen Zweifel vollständig ausschließenden Ausdruck in anderen einfachen Sprachwendungen. Auch wird jedem erleuchteten Kinde Gottes klar sein, dass eine sehr eingehende, in mannigfachster Weise wiederholte Hinweisung auf den unerschöpflich reichen Gehalt dessen, was in den Namen „Gott der Weltalter“, „Vater der Ewigkeiten“ (Äonen) ausgesprochen liegt, wie wir sahen, von ungleich höherem praktischen, geistlichen Werte sein muss, als die einfache Bestätigung der Tatsache, dass es für Gott kein Daseinsende gibt.
08. Noch einige Proben und Antworten auf Bedenken
Wir kommen zunächst nochmals auf 1.Mos.3,22 zurück. Offenbar liegt in den Worten: der Mensch ist geworden wie unsereiner, insofern er weiß, was gut und böse ist – eine tiefe göttliche Ironie. Ob sich dieselbe auch noch auf den folgenden Ausdruck erstreckt, wollen wir hier nicht untersuchen. Ob mit oder ohne jeden Anflug von Ironie geredet, enthalten die Worte nichts, was Anlass gäbe, von der bisher gefundenen Grundbedeutung des Wortes „olam“ abzuweichen. Gott hat sie wohl im Hinblick auf den gefallenen Engelfürsten, den Verführer seiner Menschenkinder geredet. Denn dieser wird an verschiedenen Stellen der Schrift offenbar unter die „Elohim“ gerechnet, welche im A.T. als „Götter“ (wie Ps.82,6; 97,7) und im N.T. als „Engel“ bezeichnet werden (Hebr.1,6; 2,7). Daher die merkwürdige Bezeichnung „Unsereiner“. Hieraus würde folgen, dass der Spruch Gottes ein barmherziges Gericht bedeuten sollte über den gefallenen Menschen, der demnach nicht wie Satan und seine Genossen Äonen lang als Feind Gottes fortmachen soll. (Übrigens ist in Ps.82,7 d. h. in der Stelle, davon Jesus besonders bezeugt, die Schrift kann nicht gebrochen werden, Joh.10,34.35. auch Satan und den Seinigen das Todesurteil gesprochen, das aber erst nach Ablauf von mindestens noch einem ganzen Äon vollstreckt werden wird. Matth.25,41; Off.20,10).
Aber wie verhält es sich mit dem in der Schrift deutlich gesetzten Unterschied und Kontrast zwischen „zeitlich“ und „Ewig“? Wir lesen 2.Kor.4,18: … denn was sichtbar ist, das ist zeitlich, was aber unsichtbar ist, das ist ewig. Das hier ein scharfer Gegensatz ausgedrückt ist, kann nicht geleugnet werden. Es fragt sich nur, welcher Art derselbe sei. Licht und Finsternis, Tod und Leben sind unversöhnliche, einander ausschließende Gegensätze. Anders ist es mit Gegensätzen wie Bach und Strom, Hauch und Orkan, Teich und Ozean. Aus dem milden Hauch kann sich ein Orkan entwickeln; aus dem Bach wird ein Strom; aus dem Ozean kann ein bloßer Teich werden. Welcher Art ist der hier konstatierte Gegensatz! Das es kein absoluter, schlechthin sein kann, ergibt sich schon aus der Erwägung der Dinge, die konstatiert werden. Das Sichtbare wird dem Unsichtbaren gegenübergestellt. Aber für wen ist das Sichtbare sichtbar, und das Unsichtbare unsichtbar? Doch nur für uns und andere irdische Geschöpfe. Niemand glaubt, dass wir für Gott oder auch für Engel und Teufel unsichtbar seien. Ebenso wenig, dass der, den wir nicht sehen und doch lieb haben, und nun an ihn glauben, wiewohl wir ihn nicht sehen, selbst für uns immer unsichtbar bleiben wird. Hört es dann auf „ewig“ zu sein? Der Abstand und Gegensatz bleibt groß und gewaltig genug zwischen dem, was (heute noch und für uns) unsichtbar ist, und dem, was der (jetzt für uns) sichtbaren Welt angehört. Jenes dauert durch Äonen = Ewigkeiten, dieses, namentlich unsere Leiden, nur eine kurze Spanne Zeit. Dass es unter dem, was wir heute noch nicht sehen und was durch Äonen dauern wird, auch Dinge gibt, die nicht von endloser Dauer sein werden, haben wir oben unter Punkt 7 und 8 bereits erkannt.
Aber was wird dann aus dem Leben, das „ewig“ ist, wenn mit dem Worte „ewig“ nicht notwendigerweise Endlosigkeit bezeichnet ist? Wird dadurch nicht die Endlosigkeit des „ewigen“ Lebens in Frage gestellt? Ebenso wenig, als Gottes Daseinsdauer ohne Ende dadurch im mindesten fraglich wurde, als wir erkannten, dass sein Name „Vater der Ewigkeit“, „Gott der Weltalter“ uns ganz andere kostbare Wahrheiten enthüllte. Ist es denn nicht genug daran, dass wir seine Zusage haben: Ich lebe und ihr sollt auch leben? Oder, der Tod kann hinfort über ihn nicht herrschen? Und wenn es nun auch seine Richtigkeit hat, woran wir nicht mehr zweifeln können, dass uns alle die großen und gewaltigen Wort von „Ewigkeit der Ewigkeiten“ alles, was sie in sich begreifen, nur bis dahin garantieren, wann die Äonen abgelaufen und die Ziele Gottes für die Zeitalter erreicht sein werden, warum sollte mir dann bangen? Ist es nicht genug für den Glauben und das Vertrauen in Gott, dass dann nur noch geschrieben steht: Gott wird sein alles in allen? Wer verlangt noch bessere Garantien?
Was nun von der „ewigen Qual“ und dem „ewigen Gericht“ bleibt? Wahrlich genug, um jeden sicheren Sünder zu schrecken und jeder Leichtfertigkeit wirksam zu begegnen. Es bleibt durchaus dabei, dass unser Gott ein verzehrendes Feuer ist, und dass es schrecklich ist, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Gott lässt seiner nicht spotten. Aber so wenig mit olam, aion oder aionios in ihren stärksten Häufungen bei all den anderen Dingen, wo sie gebraucht werden, deren Endlosigkeit bestimmt wird, so wenig hier.
09. Anhang
Enthält sämtliche Schriftstellen, in welchen olam, aion und aionios vorkommen.
1. Altes Testament: (olam)
1.Mose3,22; 6,3; 9,12.16; 13,15; 17,7.8.13.19; 21,33; 48,4; 49,26
2.Mose3,15; 12,14.17.21; 14,13; 29,9; 31,16; 40,15.
3.Mose3,17; 6,18(11).22(15); 7,34.36; 10,9.15; 16,29.31.34; 17,7; 23,14.21.31.41; 24,3.8.9; 25,32.34.36.
4.Mose10,8; 15,15; 18,8.11.19.23; 19,10.21; 25,13.
5.Mose5,29; 12,28; 13,16(17); 15,17; 23,3 (4).6(7); 28,46; 29,29(28); 32,40; 33,15.27
Jos.4,7; 8,28; 14,9; 24,2
1.Sam.1,22; 2,30; 3,13.14; 13,13; 20.15.23.42; 27,12.
2.Sam.3,28; 7,13. 16(2mal).24.25.26.29(2mal); 22,51; 23,5.
1.Kön.1,31; 2,33 (2mal); 8,13; 9,3.5.
2.Kön.5,27; 21,7.
1.Chron.15,2; 16,15.17.34.36.41; 17,12.14 (2mal).22.23.24.27. (2mal); 22,10; 23,13(2mal).25; 28,4.7.8; 29,10.18.
2.Chron.2,4; 5,13; 6,2; 7,3.6.16; 9,8; 13,5; 20,7.21; 30,8; 33,4.
Esra 3,11; 9,12(2mal)
Neh.2,3; 9,5; 13,1.
Hiob 7,16; 41,4 (40,23)
Psalm 5,12; 9,6.8; 10,16; 12,8; 18,51; 21,5; 24,7.9; 28,9; 29,10;30,13; 33,11; 37,18.27.28; 41,13.14; 44,9; 45,3.7.18; 48,9; 49,9.12; 52,10.11; 61,5.8; 66,7; 72,17.19; 73,12.26; 75,10;77,6.8; 78,66.69; 79,13; 81,16; 85,6; 86,12; 89,2.3.5.29.37.38.53; 90,2; 92,8.9; 93,2; 100,5; 102,13; 103,9.17; 104,5.31; 105,8.10; 106,1.31.48; 107,1; 110,4; 111,5.8.9.10; 112,6(2mal); 113,2; 115,18; 117,2; 118,1.2.3.4.29; 119,44.89.98.111.112.142.144.152.160; 121,8; 125,1.2; 131,3; 133,3; 135,13; 136(26mal); 138,8; 139,24; 143,3; 145,1.2.13.21;146,6.10; 148,6.
Spr.8,23; 10,25; 22,28; 27,24.
Pred.1,4; 2.16; 3,11.14; 9,6; 12,5.
Jes.9,7; 24,5; 26,4; 30,8; 32,14.17; 33,14; 34,10.17; 35,10; 40,8.28; 42,14; 44,7; 45,17(2mal); 47,7; 51,6.8.11; 54,8; 55,3.3; 56,5; 57,16; 59,21; 60,15.19.20.21; 61,7.8; 63,12.16;64,4.5.
Jer.3,12; 5,15.22; 7,7; 10,10; 17,4.25; 18,15.16; 20,11.17; 23,40 (2mal); 25,5.9.12; 31,3.40; 32,40; 33,11; 35,6; 49,13.33; 50,5; 51,26.39.57.62.
Klagel.3,31; 5,19.
Hes.16,60; 35,5.9.; 36,2; 37,25(2mal).26; 43,7.9; 46,14.
Dan.9,24; 12,2(2mal).3.7.
Hos.2,19.
Joel 2,2; 3,25;
Ob.11;
Jon.2,7;
Mich.2,9; 4,5.7; 5,1.
Hab.3,6(2mal).
Zeph.2,9;
Sach.1,5.
Mal.1,4.
2. Neues Testament: (aion und aionios)
Matth.6,13; 12,32(2mal); 13,22.39.40.49; 18,8; 19,16; 29; 21,19; 24,3; 25,41.46.(2mal); 28,20.
Mark.3,29(2mal); 4,19; 10,17.30(2mal); 11,14.
Luk.1,33.55.70; 10,25; 16,8.9; 18,18.30(2mal); 20,34.35.
Joh.3,15.16.36; 4,14(2mal).36; 5,24.39; 6,27.40.47.51.54.58.68; 8,35(2mal); 9,32; 10,28(2mal); 12,25.34.50; 14,16; 17,2.3.
Apg.3,21; 13,46.48; 15,18.
Röm.1,25; 5,21; 6,22.23; 9,5; 11,36; 12,2; 16,25.26.27;
1.Kor.1,20; 2,6(2mal).7.8; 3,18; 8,13; 10,11.
2.Kor.4,4.17.18; 5,1; 9,9; 11,31.
Gal.1,4.5; 6,8.
Eph.1,21; 2,2.7; 3,9.11.21.
Phil.4,20.
Kol.1,26.
2.Thess.1,9; 2,16.
1.Tim.1,16.17(2mal); 6,12.16.17.19.
2.Tim.1,9; 2,10; 4,10.18.
Tit.1,2(2mal); 2,12; 3,7.
Philem.15.
Hebr.1,2.8; 5,6.9; 6,2.5.20; 7,17.21.24.28; 9,12.14.15.26; 11,3;13,8.20.21.
1.Petr.1,23.25; 4,11; 5,10.11.
2.Petr.1,11; 2,17; 3,18.
1.Joh.1,2; 2,17.25; 3,15; 5,11.13.20.
2.Joh.2.
Jud.7,13.21.25.
Offbar.1,6.18; 4,9.10; 5,13.14; 7,12; 10,6; 11,15; 14,6.11; 15,7;19,3; 20,10; 22,5