7. Die Wiederkunft Christi


Das Thema, das uns nun beschäftigt, ist eines der wich­tigsten und umfangreichsten in der ganzen Prophetie. Seine Behandlung ist nicht deshalb so schwierig, weil es so kompliziert wäre, sondern weil es so umfangreich ist. Wenn die Verbindung mit unserem eigentlichen Thema ‑ die Erlösung Jerusalems ‑ uns deutlich vor Augen steht, dann haben wir einen Leitfaden für die Bespre­chung. Das beinhaltet allerdings zugleich, daß wir uns beschränken müssen und nicht von unserem Thema ab­weichen dürfen. So fällt beispielsweise die Rückkehr der Versammlung zusammen mit Christus nicht darunter, wie wichtig diese Tatsache auch für uns persönlich ist und wie groß auch der Raum ist, den sie in den neutesta­mentlichen Briefen einnimmt (siehe Röm 8, 17‑19; Kol 3, 4; 1. Thess 3, 13; 2. Thess 1, 10; 2. Tim 2, 11. 12; 2. Joh 3, 2 usw.). Wir halten jedoch fest, daß die Versamm­lung die Herrlichkeit Christi auf der Erde (wie wir sie in den Propheten finden) teilen wird, weil wir mit Ihm erben und auch mit Ihm herrschen werden (Gal 3, 29; 4, 7; Kol 3, 24; Tit 3, 7; Jak 2, 5 usw.). In Verbindung mit unserem Thema wollen wir drei große Phasen dieser Wiederkunft besprechen: zunächst das Gericht über die Völ­ker und insbesondere über die Assyrer, zweitens die Erlö­sung des Hauses Juda und des Überrestes in Jerusalem und drittens den Einzug in Jerusalem, die Errichtung der Herrschaft und das Gericht über das gottlose Volk.

Das Gericht über den Assyrer

Wenn die Not des Überrestes ihren Höhepunkt erreicht hat und ihre einzige Hoffnung noch auf den Himmel gerichtet ist, wird ihr Glaube in Erfüllung gehen. Die Wolkendecke wird durchbrochen werden, und Christus wird herniederkommen auf den Wolken, in großer Macht und Herrlichkeit. Das wird mit großen Naturer­eignissen an Sonne, Mond und Sternen gepaart gehen (Offb 1, 7; Mt 24, 27‑31; 26, 64; Mk 13, 24‑27; 14, 62; Lk 9, 26b; 17, 22‑25; 21, 27). Mit einer gewaltigen Hee­resmacht von Engeln und Heiligen stürmt Er gegen Seine Feinde, von denen der Assyrer das erste Opfer ist. „Und Jahwe wird hören lassen die Majestät seiner Stimme, und sehen lassen das Herabfahren seines Armes mit Zornesschnauben und einer Flamme verzehrenden Feuers ‑ Wolkenbruch und Regenguß und Hagelsteine. Denn vor der Stimme Jahwes wird Assur zerschmet­tert werden, wenn er mit dem Stocke schlägt. Und es wird geschehen, jeder Streich der verhängten Rute, die Jahwe auf ihn herabfallen läßt, ergeht unter Tamburin ­und Lautenspiel; und mit geschwungenem Arm wird er gegen ihn kämpfen. Denn vorlängst ist eine Greuel­stätte zugerichtet“ (Jes 30, 30‑33). Das ist die Wieder­kunft Christi: „Siehe, der Name Jahwes kommt von fernher“ (Vers 27). Fast überall in den Propheten sehen wir Ihn wiederkommen als Jahwe Selbst; Er, der hier als der verworfene Sohn des Menschen umhergewan­delt ist, wird Sich dann als der Ewige Selbst offen­baren. Manchmal sehen wir Ihn jedoch im Alten Testa­ment bei Seiner Wiederkunft auch als Menschen, siehe Jesaja 7, 14; 9, 5. 6; 11, 1 (hier jedoch auch mit einer ersten Erfüllung bei Seinem ersten Kommen, Seiner Geburt); Daniel 7, 13. 14 (aber in Vers 22 ist Er der Alte an Tagen); weiter in Micha 2, 12. 13 der Durchbrecher (aber es ist Jahwe Selbst, Vers 13b); Sacharja 9, 9. 10; 12, 10. In Jesaja 30 sehen wir, wie Jahwe herniederkommt, um den Assyrer in den „Tophet“ zu wer­fen; so auch Kapitel 31: „Wie der Löwe und der junge Löwe, wider den der Hirten Menge zusammengerufen wird, über seinem Raub knurrt, vor ihrer Stimme nicht erschrickt und sich vor ihrem Lärmen nicht ergibt, also wird Jahwe der Heerscharen herniedersteigen, um auf dem Berge Zion und auf seinem Hügel zu streiten. Gleich schwirrenden Vögeln, also wird Jahwe der Heerscharen Jerusalem beschirmen: beschirmen und er­retten, schonen und befreien … Und Assyrien wird fallen durch ein Schwert, nicht eines Mannes; und ein Schwert, nicht eines Menschen [das heißt: von Jahwe Selbst], wird es verzehren. Und es wird vor dem Schwerte fliehen, und seine Jünglinge werden fron­pflichtig werden“ (Verse 4‑8). Nicht ein menschlicher Bundesgenosse (Ägypten, Verse 1‑3), sondern Jahwe allein ist in der Lage, Sein Volk zu befreien. Er hat ein Feuer in Zion und einen Ofen in Jerusalem (Vers 9), und das bringt uns zu Kapitel 29, wo Ariel, der Feuer­herd, belagert wird. Aber „in einem Augenblick, plötz­lich“ wird Christus Sein Volk erlösen. „Von seiten Jahwes der Heerscharen wird sie [Ariel] heimgesucht werden mit Donner und mit Erdbeben (vgl. Sach 14, 4. 5] und großem Getöse, ‑ Sturmwind und Gewitter und eine Flamme verzehrenden Feuers. Und wie ein nächt­liches Traumgesicht wird die Menge all der Nationen sein, welche Krieg führen wider Ariel, und alle, welche sie und ihre Festung bestürmen und sie bedrängen … also wird die Menge all der Nationen sein, welche Krieg führen wider den Berg Zion“ (Verse 5‑8). Schließlich noch Jesaja 59, 19. 20: „Und sie werden den Namen Jahwes fürchten vom Niedergang an, und vom Sonnenaufgang seine Herrlichkeit. Wenn der Bedränger kommen wird wie ein Strom [wir haben gesehen, daß das der Assyrer war; Kap. 8, 7; 28, 2. 15. 181 so wird der Hauch Jahwes ihn in die Flucht schlagen Und ein Erlöser wird kommen für Zion und für die welche in Jakob von der Übertretung umkehren spricht Jahwe. “

Das Gericht über die versammelten Nachbarvölker

Hiervon hat Maleachi prophezeit: „Denn siehe, der Tag kommt, brennend wie ein Ofen; und es werden alle Übermütigen und jeder Täter der Gesetzlosigkeit zu Stoppeln werden; und der kommende Tag wird sie verbrennen … so daß er ihnen weder Wurzel noch Zweig lassen wird. Aber euch, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen mit Heilung in ihren Flügeln. Und ihr werdet ausziehen und hüpfen gleich Mastkälbern; und ihr werdet die Ge­setzlosen zertreten, denn sie werden Asche sein unter euren Fußsohlen an dem Tage, den ich machen werde, spricht Jahwe der Heerscharen“ (4, 1‑3).

Wir haben gesehen, daß häufig in den Prophezeiungen im allgemeinen Sinn die Rede von den um Jerusalem versammelten Nationen ist, wobei wir dann immer hauptsächlich an die Nachbarvölker denken müssen (also die Völker im Gesichtsfeld des Propheten, scharf von den römischen Königen unterschieden), und im besonderen an den Assyrer. Als Beispiel hierzu diene die bekannte Prophezeiung in Joel 3: „Denn siehe, in jenen Tagen und zu jener Zeit, wenn ich die Gefangen­schaft Judas und Jerusalems wenden werde, dann werde ich alle Nationen versammeln und sie in das Tal Josaphat [das ist die Talebene, wo Jahwe richtet] hinabführen; und ich werde daselbst mit ihnen rechten über mein Volk und mein Erbteil Israel, welches sie unter die Nationen zerstreut haben; und mein Land haben sie geteilt (Verse 1. 2). Aus Vers 4 geht hervor, daß es tatsächlich, wie immer, um die Nachbarvölker geht (vgl. Ps 83, 2‑8). Dann fährt Vers 11 fort: „Eilet und kommet her, alle ihr Nationen ringsum, und ver­sammelt euch. Dahin, Jahwe, sende deine Helden hinab. “

Hier haben wir einen Hinweis darauf, daß die gläubigen Juden einen wesentlichen Anteil an dem Kampf gegen und dem Gericht über die versammelten Nationen haben werden, und zwar unter der Leitung des Messias; wir werden das noch ausführlicher in Sacharja sehen. „Die Nationen sollen sich aufmachen und hinabziehen in das Tal Josaphat; denn dort werde ich sitzen, um alle Nationen ringsum zu richten.“ Beachte den Ausdruck „ringsum“. „Getümmel, Getümmel im Tale der Ent­scheidung; denn nahe ist der Tag Jahwes im Tale der Entscheidung. Die Sonne und der Mond verfinstern sich, und die Sterne verhalten ihren Glanz. Und Jahwe brüllt aus Zion und läßt aus Jerusalem seine Stimme erschallen, und Himmel und Erde erbeben. Und Jahwe ist eine Zuflucht für sein Volk und eine Feste für die Kinder Israel“ (Joel 3, 11. 12. 14‑16).

Wichtige und übersichtliche Angaben finden wir in Sacharja. Kapitel 14 beschreibt das große, zentrale Ereignis: das Kommen Jahwes mit allen Seinen Hei­ligen, wenn Seine Füße auf dem Ölberg stehen werden, um gegen die Nationen zu streiten (Verse 3‑5; vgl. Apg 1, 11. 12): „Und Jahwe wird ausziehen und wider jene Nationen streiten, wie an dem Tage, da er streitet, an dem Tage der Schlacht. Und seine Füße werden an jenem Tage auf dem Ölberge stehen, der vor Jerusalem gegen Osten liegt … Und kommen wird Jahwe, mein Gott, und alle Heiligen mit dir.“ Die Kapitel 12 und 14, 12‑15 nennen uns nähere Einzelheiten über den Kampf Jahwes gegen die versammelten Nationen und zeigen darüber hinaus die wichtige Rolle, die der Überrest da­bei spielen wird. Wir haben bereits in Kapitel 12, 1‑5 gesehen, wie das Haus Juda die versammelten Natio­nen angreift und wie auch der Überrest in Jerusalem sich kräftig verteidigt. Vers 6 sagt dann weiter: „An je­nem Tage werde ich die Fürsten von Juda machen gleich einem Feuerbecken unter Holzstücken und gleich einer Feuerfackel unter Garben; und sie werden zur Rechten und zur Linken alle Völker ringsum ver­zehren. Und fortan wird Jerusalem an seiner Stätte wohnen in Jerusalem.“ Was also an einigen Stellen Jahwe zugeschrieben wird, tut an anderen Stellen der Messias und wieder an anderen Stellen, so wie hier, der Überrest. Der Messias ist ja Jahwe Selbst und ist zu­gleich unverbrüchlich mit den Treuen unter dem Volk verbunden, die Seinen Sieg teilen werden.

Im folgenden sehen wir die Erlösung, sowohl die von Juda als auch die von Jerusalem: „Und Jahwe wird die Zelte Judas zuerst retten, auf daß die Pracht des Hau­ses Davids und die Pracht der Bewohner von Jerusalem sich nicht über Juda erhebe. ‑ An jenem Tage wird Jahwe die Bewohner von Jerusalem beschirmen; und der Strauchelnde unter ihnen wird an jenem Tage wie David sein, und das Haus Davids wie Gott, wie der Engel Jahwes vor ihnen her. Und es wird geschehen an jenem Tage, da werde ich alle Nationen zu vertilgen suchen, die wider Jerusalem heranziehen“ (Sach 12, 7‑9). Schließlich finden wir in Kapitel 14, 12‑15 noch einige Besonderheiten dieses Kampfes; Vers 14 ist hierbei sehr wichtig: wir sehen hier Juda“, das aus den Völ­kern zurückgekehrt ist, unter denen es sich aufgehalten hatte. Es kommt mit den Reichtümern dieser Völker. Wir sehen sie in Jerusalem ankommen, wo sie der Krieg gegen die versammelten Heere erwartet, ein Kampf, den Jahwe für sie in Sieg verwandelt, indem Er die Feinde mit furchtbaren Plagen schlägt.

Es gibt noch eine Anzahl anderer Prophezeiungen, die über die Vernichtung des Assyrers mit seinen Bundes­genossen sprechen, ohne dabei ausdrücklich die Rück­kehr Christi zu nennen. Wir haben bereits Daniel 8, 25 und 11, 45 erwähnt. Dort sehen wir, daß der König des Nordens sich gegen den „Fürsten der Fürsten“ auf­lehnen, aber ohne Menschenhand zerschmettert wer­den wird: „und er wird zu seinem Ende kommen, und niemand wird ihm helfen.“ So gibt es auch in Jesaja verschiedene Stellen, die allgemein über die Vernich­tung des Assyrers sprechen; mehrere dieser Stellen sind bereits erwähnt worden, wie 8, 9. 10 (das Gericht durch Immanuel); 10, 12 (das Gericht über den König von Assyrien, wenn der Herr Sein ganzes Werk an dem Berg Zion und an Jerusalem vollbracht hat); 10, 25‑27 (das Gericht, wenn der Zorn zu Ende ist; vgl. Dan 8, 19; 11, 36), ferner auch Jesaja 14, 25, wo Jahwe sagt: „Also wird es zustande kommen: daß ich Assyrien in meinem Lande zerschmettern und es auf meinen Ber­gen zertreten werde. Und so wird sein Joch von ihnen [Israel] weichen, und seine Last wird weichen von ihrer Schulter.“ Auch die Kapitel 36 und 37 zeigen vorbild­lich das kommende Gericht über den Assyrer (diese Kapitel sind nämlich Prophezeiung, genauso wie das ganze Buch). Siehe Kapitel 37, 36.

Das Gericht über die Nationen im Allgemeinen

Die Wiederkunft des Herrn wird uns in der Prophetie unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten vorgestellt: erstens in dem Charakter des Gerichts sowohl über die versammelten Nationen, als auch über den gottlosen Teil Israels, und zweitens in dem Charakter der Er­lösung, nämlich des gläubigen Überrestes Judas und Jerusalems. Nachdem wir uns nun länger mit dem Ge­richt über den Assyrer beschäftigt haben, wollen wir diesen beiden Charakterzügen in der Schrift nachgehen, und zwar zunächst dem Gericht über die Nationen im allgemeinen Sinn.

In Apostelgeschichte 17, 31 sagt Paulus, daß Gott einen Tag bestimmt hat, an dem Er den Erdkreis in Gerech­tigkeit richten wird durch einen Mann, den Er dazu bestimmt hat. Das ist der Gerichtscharakter! In Apo­stelgeschichte 3, 19‑21 spricht Petrus über die Zeiten der Erquickung, die kommen werden, wenn Gott Jesus Christus senden wird, der den Juden zuvor verordnet war, den aber der Himmel aufnehmen muß bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge. Das ist der Charakter des Segens und der Erlösung. Beide Charak­terzüge finden wir in der Offenbarung. In Kapitel 1, 7 finden wir die allgemeine Ankündigung: „Siehe, er kommt mit dem Wolken, und jedes Auge wird ihn se­hen, auch die ihn durchstochen haben, und wehklagen werden seinetwegen alle Stämme des Landes“ (siehe Sach 12, 10‑14). Das hat das Loblied im Himmel zur Folge, wie wir es in Offenbarung 11, 15 finden. In Kapi­tel 14 sehen wir beide Charakterzüge: zunächst in den Versen 1‑5 die Erlösten aus Juda, auf dem Berg Zion, verbunden mit dem Lamm; in den Versen 14‑20 finden wir jedoch die Wiederkunft im Charakter des Gerichts. Zuerst die „Ernte der Erde“, die immer Bezug hat auf die Sammlung des guten Elements (des Korns) und die Verbrennung des wertlosen Teils (Spreu und Stoppeln); vgl. dazu Mal 4, 1; Jes 17, 4‑6; 18, 5; Jer 51, 33; Hos 6, 11; Joel 3, 13; Mt 13, 30‑43; Mk 4, 29. Dann das „Treten der Kelter“ (Verse 18‑20), was immer auf eine vollständige Vernichtung hinweist (Jes 24, 13; 63, 2. 3; Jer 25, 30; Klgl 1, 15; Joel 3, 13; Offb 19, 15).

Im Alten Testament wird häufig über das Gericht ge­sprochen, das Gott über die gottlosen Nationen brin­gen wird: Christus wird wiederkommen und das Ge­richt ausführen. Siehe u. a. Jes 17, 12‑14; 43, 9‑21; 66, 6. 15; Mi 5, 8. 14; Hab 3, 12. 13; Zeph 3, 19; Mt 16, 27. 28 ; Lk 9, 26; 11, 29‑32; 17, 26‑36. Die Wiederkunft selbst kommt etwas deutlicher in den Schriftstellen zum Ausdruck, in denen von Jahwe gesprochen wird, der aus dem Himmel brüllt, wo die Majestät Gottes auf der Erde sichtbar wird und wo Er auf die Erde kommt, um Gericht zu üben (siehe beispielsweise Jes 24, 13‑15; Jer 25, 30‑33; 30, 23. 24). Jesaja 24 nennt man schon mal die „kleine Offenbarung“: dieses Kapitel spricht über die, die auf der Erde wohnen (Verse 1. 5. 17) und beschreibt die Gerichte Gottes über die Erde; die Wei­nernte (Vers 14 Offb 14, 18‑20; 19, 15); die Wieder­kunft (Vers 14 Offb 19, 11‑16); das Gericht über Satan und seine Engel (Verse 21. 22 ‑ Offb 20, 1. 2); den König auf dem Berg Zion (Vers 23 ‑ Offb 11, 15‑18). Dieser große Tag der Gerichte über die Nationen ist der „Tag Jahwes“, von dem so oft in der Schrift die Rede ist (Jes 2, 12‑18; 13, 5‑11; Joel 1, 15; Jes 61, 2; Hes 13, 5; Joel 2, 1‑11. 31; 3, 14; Amos 5, 18‑20; Obadja 15; Zeph 1, 7. 14. 18; 2, 2; Mal 3, 17; 4, 1‑3; siehe auch im Neuen Testa­ment: in 1. Thess 5, 2‑10; 2. Thess 2, 2. 3; 2. Petr 3, 10).

Die Erlösung des Überrestes

Nachdem wir nun so viele Stellen zitiert haben, in denen über die Gerichte gesprochen wird, wollen wir jetzt zu dem weitaus erfreulicheren Charakter der Erlösung des Volkes Gottes übergehen. Wir haben bereits gesehen, daß durch das Kommen des Herrn der Überrest von den Feinden erlöst wird. Viele Stellen sprechen darüber in sehr allgemeiner Bedeutung; siehe beispielsweise Jes 35, 4; 42, 13‑14; 62, 11 (vgl. Offb 22, 12); Hab 3, 3‑15; Mal 4, 2. Sehr schön sind die tröstenden Worte aus Je­saja 40. Nach der prophetischen Schilderung des Ein­falls des Assyrers und nach seinem Untergang (Kap. 36‑37) finden wir hier die Befreiung des Überrestes durch das Kommen des Messias, der Jahwe Selbst ist. Die Verse 1 und 2 kündigen das Ende der Leidenszeit Jerusalems an; ihre Schuld ist abgetragen, denn sie hat übermäßig für ihre Sünden gelitten. Dann spricht Vers 3 von dem Kommen des Messias; dieser Vers steht eng in Verbindung mit dem ersten Kommen (Mt 3, 3; Mk 1, 3; Lk 3, 4; Joh 1, 23), denn er bezieht sich auf Jo­hannes den Täufer, der der Wegbereiter des Messias war. Aber wir wissen, daß in den Prophezeiungen das erste und das zweite Kommen des Herrn nie unter­schieden werden (vgl. Mal 4, 5. 6; Mt 11, 14; Lk 1, 17; Joh 1, 21), und tatsächlich geht die Prophezeiung hier in ihrer vollen Erfüllung über das erste Kommen weit hinaus (Verse 4. 5). Beachte, daß es hier heißt, „eine Straße für unseren Gott“; der Sohn des Menschen wird Sich bei Seinem Kommen als der Ewige offen­baren, in Ihm wird die Herrlichkeit Jahwes allen Lebendigen offenbar werden (Vers 5). Wenn Er kommt, wird ein Freudenruf Jerusalems entgegenschal­len: „Siehe da, euer Gott! Siehe, der Herr, Jahwe, kommt mit Kraft, und sein Arm übt Herrschaft für ihn; siehe, sein Lohn ist bei ihm, und seine Vergeltung geht vor ihm her. Er wird seine Herde weiden wie ein Hirt, die Lämmer wird er in seinen Arm nehmen und in sei­nem Busen tragen, die Säugenden wird er sanft leiten“ (Verse 10. 11).

Die Frommen des Volkes, die durch große Übungen ge­gangen sind, die so lange auf Erlösung warten mußten und nichts als ihren Glauben besaßen, durch den sie lebten, werden die Erfüllung der unwandelbaren gött­lichen Verheißungen sehen (Hab 2, 1‑4); „Denn ihr bedürfet des Ausharrens, auf daß ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan habt, die Verheißung davontraget. Denn noch über ein gar Kleines, und der Kommende wird kommen und nicht verziehen“ (Hebr 10, 36. 37). Das Kommen Christi ist also nach Hebräer 10, 37 die eigentliche Erfüllung von Habakuk 2, 3. Das Kommen des Messias ist erst die wahre Erlösung des Überrestes. Und wenn wir dann über die Befreiung der Gläubigen sprechen, was wird dann erhabener sein als die wunder­bare Erlösung derer, die am schrecklichsten durch die Drangsal gehen mußten, des armen, elenden Grüpp­chens von Treuen, die in Jerusalem übriggeblieben sind, ausgemergelt und am Ende ihrer Kräfte, jedoch mit einer unwandelbaren Hoffnung auf Gott! Sie sind schwer geprüft worden, aber herrlich werden sie erlöst; siehe die große Gegenüberstellung zwischen ihren Lei­den und ihrer Befreiung in Jesaja 29, 4. 5; 30, 18‑21; 31, 5. 9; 40, 1. 2; Sach 9, 11. Jerusalem wird durch die furchtbaren Drangsale in eine Ruine verwandelt wer­den, aber nicht für immer. Da ist das hoffnungsvolle „BIS“ der Verheißung ‑ „bis der Geist über uns ausge­gossen wird aus der Höhe“ (Jes 32, 14. 15; vgl. Joel 2, 28‑32); es ist dasselbe „BIS“ wie beispielsweise in Jesaja 6, 11 (die Verhärtung des Volkes, bis das Gericht vollendet ist); Hesekiel 21, 30‑32 (Israel ein Trümmer­haufen , bis Er kommt, der ein Recht auf die Krone Israels hat und dem Gott sie geben wird) und Hosea 5, 15 (Gott zieht Sich an Seinen Ort zurück, bis sie ihre Schuld büßen und Sein Angesicht suchen); und vor allem natürlich auch Römer 11, 25. 26 (die Verstockung Israels, bis die Vollzahl der Nationen eingegangen sein wird; und also wird ganz Israel errettet werden).

Erhaben ist auch die Ankündigung Gottes über die Erlösung Jerusalems in Jesaja 51 (ab Vers 17) und 52. Sowohl die Drangsal des Volkes (51, 19. 20), die Be­drückung von seiten des Assyrers (52, 4) als auch die Wiederkunft Christi (52, 7‑10) werden hier in Erinne­rung gebracht. Und nachdem der Grund der Erlösung genannt worden ist, nämlich das Leiden des Knechtes Jahwes (53), fährt der Prophet in Kapitel 54 fort mit der Beschreibung der herrlichen Erlösung und der Segnung Zions (siehe vor allem in Verse 6‑8; vgl. Röm 11, 26‑32). Dasselbe finden wir in Jesaja 4, 3‑6: „Und es wird ge­schehen, wer in Zion übriggeblieben und wer in Jerusalem übriggelassen ist, wird heilig heißen, ein jeder, der zum Leben eingeschrieben ist in Jerusalem: wenn der Herr den Unflat der Töchter Zions abgewaschen und die Blutschulden Jerusalems aus dessen Mitte hinweg­gefegt haben wird durch den Geist des Gerichts und durch den Geist des Vertilgens. Und Jahwe wird über jede Wohnstätte des Berges Zion und über seine Ver­sammlungen eine Wolke und einen Rauch schaffen bei Tage, und den Glanz eines flammenden Feuers bei Nacht; denn über der ganzen Herrlichkeit wird eine Decke sein. Und eine Hütte wird sein zum Schatten bei Tage vor der Hitze, und zur Zuflucht und zur Bergung vor Sturm und vor Regen.“ Und schließlich noch zwei Stellen, die im besonderen über den erlösten Überrest in Jerusalem sprechen: „An jenem Tage wird Jahwe die Bewohner von Jerusalem beschirmen“ (Sach 12, 8); und ich werde in deiner [d. i. Jerusalems] Mitte ein elendes und armes Volk übriglassen, und sie wer­den auf den Namen Jahwes vertrauen. Der Überrest Israels wird kein Unrecht tun und keine Lüge reden ‑ * denn sie werden weiden und lagern, und niemand wird sie aufschrecken. ‑ Jubele, Tochter Zion: jauchze, Israel! freue dich und frohlocke von ganzem Herzen, Tochter Jerusalem! Jahwe hat deine Gerichte weg­genommen, deinen Feind weggefegt; der König Israels, Jahwe, ist in deiner Mitte, du wirst kein Unglück mehr sehen. An jenem Tage wird zu Jerusalem gesagt wer­den: Fürchte dich nicht! Zion, laß deine Hände nicht erschlaffen! Jahwe, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein rettender Held“ (Zeph 3, 12‑17).

Das Gericht über das gottlose Volk

So herrlich auch die Erlösung des Überrestes ist, so ernst ist das Gericht über das gottlose Volk. Jahrelang hatten sie schon wegen der Unterdrük­kung durch den Assyrer zu leiden, und viele sind dadurch bereits umgekommen, aber diejenigen, die übriggeblieben sind, erwartet ein noch schlimmeres Los, wenn sie nämlich in die Hände Dessen fal­len, den sie verachtet haben. „Die Sünder in Zion sind erschrocken, Beben hat die Ruchlosen ergrif­fen. Wer von uns kann weilen bei verzehrendem Feuer? wer von uns kann weilen bei ewigen Glu­ten?“ (Jes 33, 14).

In Sacharja 14 sehen wir, daß das gottlose Volk von Jerusalem zuerst versuchen wird zu flüchten; ja, bei dem Kommen des Herrn wird der Ölberg in zwei Hälften gespalten werden; das Volk wird dann die Flucht durch das so entstandene Tal nehmen. Doch wie könnten sie Dem entkommen, der alle Macht hat? Wie ernst waren sie schon lange zuvor gewarnt worden. Es ist wie zur Zeit des Amos: Bereits zwei Jahre vor dem Erdbeben zur Zeit Ussijas hatte er das Volk gewarnt, aber sie glaubten nicht, und als das Erdbeben kam, mußten sie flüchten (Amos 1, 1; Sach 14, 5); genauso wird es in der Zukunft sein: das gewarnte Volk wird versuchen, vor dem Gericht zu flüchten, aber es wird ihnen nichts nützen. Die Berge werden beben, und die Leichname werden mitten auf der Straße liegen wie Kehricht (Jes 5, 25). Das ganze Volk wird aufgerieben werden, allein eine Handvoll Treuer wird übrigbleiben (Jes 17, 4‑6; 18, 4‑6; Sach 13, 8; lies aufmerksam Jes 56, 9 ‑ 57, 13). Diejenigen, die „hinter einem her“ (dem Antichristen) gingen, um ihren greulichen Götzendienst auszuüben, werden alle ein plötzliches Ende nehmen (Jes 66, 17;  vgl. Jes 57, 9‑13). *) Furchtbar wird das Gericht über die Städte sein, die sich nicht bekehrt haben. Bereits zu der Zeit, als der Herr auf der Erde war, wurde der sündige Zustand des Volkes offenbar, ein Zustand, der anhält, bis ihm bei Seiner Wiederkunft durch Gericht ein Ende gemacht wird. Der Herr Selbst hat die Städte, die Ihn verwarfen, bereits ernst gewarnt, welche große Schuld sie auf sich laden würden durch ihre Verstockung; sogar für die sündigen Städte Tyrus, Sidon und Gormorrha würde das Gericht erträglicher sein als für die gottlosen Städte Israels (Mt 11, 20‑24; Lk 10, 13‑16). Die Gottlosen werden es bereuen und um Gnade bitten, aber es wird vergeblich sein; sie werden Abraham und Isaak und Jakob sehen und alle Propheten im Reich Gottes, selbst aber hinausgewor­fen sein (Lk 13, 22‑30). Diese Zeit nennt der Herr die „Wiedergeburt“ (Mt 19, 28; vgl. dasselbe Wort „palin­genesia“ in Titus 3, 5), das bedeutet: eine völlige Veränderung eines Zustandes (vgl. Apg 3, 19‑21); in der „Wiedergeburt“ wird der Sohn des Menschen auf Seinem Thron der Herrlichkeit sitzen, und auch die zwölf Apostel werden auf zwölf Thronen sitzen, um die zwölf Stämme Israels zu richten, d. h. zu regieren.

*) Der Vers aus Jesaja 66 zeigt deutlich, daß der letzte Rest des gottlosen Volkes erst nach der Wiederkunft gerichtet wird und daß nicht alle Gottlosen dann schon umgekommen sind, wie einige annehmen (Verse 15‑17).

Wir sehen also, daß bei der Wiederkunft des Herrn der Überrest erlöst, das gottlose Volk aber vertilgt wird. Diese Gegenüberstellung finden wir auch in den Wor­ten des Herrn in Matthäus 24, 37‑41. Da wird das Volk mit den Menschen zur Zeit Noahs verglichen. Auch damals war die große Masse ungläubig: sie feierten Feste, ohne dabei an Gott zu denken; lediglich Noah wan­delte mit Gott. So kam das Gericht, das die Gottlosen vernichtete, aber die Gerechten wurden in die Arche gerettet, die ein Bild von Christus ist (l. Petr 3, 20. 21). So wird auch das Kommen des Sohnes des Menschen sein. Das Volk wird dann aus zwei Gruppen bestehen solche, die weggerafft werden durch das Gericht, und solche, die zurückbleiben, um das Reich zu ererben; überall werden die Gottlosen durch das Gericht weg gefegt, und was übrigbleibt, ist das wahre Israel, das wahre Volk Gottes, das das Land in seiner vollen Aus­dehnung (l. Mo 15, 18) besitzen wird. Siehe Psalm 37, 9‑11. 20. 22. 28. 29. 34. Dann werden die „Glück­seligen“, die uns in ihrem siebenfachen Charakter in Matthäus 5, 3‑9 gezeigt werden, den vollen Segen emp­fangen, auf den sie so lange gehofft haben. Vergleiche bezüglich dieses siebenfachen Charakters Jes 57, 15. 18; Ps 37, 11. 29. 37; 24, 4. 5; Hos 1. 10. Was das Los des gottlosen Volkes betrifft, weisen wir nochmals auf Of­fenbarung 14, 17‑20 hin, wo wir das Gericht der Kelter finden, in der der Zorn Gottes die Weintrauben tritt. Die „Erde“ ist in der Offenbarung stets der Platz des Zeugnisses Gottes auf der Erde. Der Weinstock ist Israel, wie immer in den Prophezeiungen (Ps 80, 8; Jes 5, 1‑7; Jer 2, 21; 8, 13; 12, 10; Hes 15; Hos 14, 7; Joel 1, 7. 12; Mt 21, 33‑46). Er wurde von Gott ge­pflanzt, damit er Frucht hervorbrächte, aber als die Zeit der Frucht da war, wurde keine Frucht an ihm ge­funden. Lediglich der eine Mensch, der der wahre Weinstock war, brachte hier auf der Erde Frucht für Gott (Joh 15, 1‑8; vgl. Jes 53, 10). Der unnütze Wein­stock wird jedoch hinausgeworfen werden, und nur solche, die Zweige an dem wahren Weinstock gewor­den sind, werden errettet werden.

Der Einzug in Jerusalem

Das war eine kurze Schilderung der beiden großen Aspekte der Wiederkunft Christi: Gericht über Seine Feinde (sowohl die aus den Heiden wie die aus Israel) und die Befreiung des bedrängten Überrestes. Wenn diese zweifache Aufgabe ausgeführt ist, kann der Herr Seinen herrlichen Einzug in Jerusalem halten. Wie wir wissen, hat Er einen Einzug in Jerusalem gehalten „sit­zend auf einer Eselin“. Auch damals wurde Er von einem jubelnden Volk aufgenommen, das Ihn als einen König willkommen hieß. Wie verschieden waren ihre Motive jedoch von denen, die das Volk in der Zukunft haben wird! Damals war es nur äußerer Schein, eine aufflackernde Begeisterung in der Hoffnung auf Be­freiung von den Römern; wie oberflächlich und unauf­richtig diese Jubelrufe waren, sieht man daran, daß dasselbe Volk einige Tage später rief: „Kreuzige ihn!“ In der Zukunft aber, wenn Sacharja 9, 9. 10 zum zwei­tenmal, und dann endgültig, in Erfüllung geht, werden die jauchzenden Volksmengen nicht dem Schein nach Anhänger sein, sondern dann wird es der erlöste Über­rest sein, der seinen Messias aufnimmt.

Dann wird Er erst wirklich als König Seinen Einzug halten und den Thron Seines Vaters David besteigen. Wie deutlich hat der Herr Selbst gefühlt, als Er zum erstenmal in Jerusalem einzog, daß es lediglich eine Huldigung zum Schein war, die ein gottloses Volk dar­brachte! Anstatt Sich über die Ihm erwiesene Huldi­gung zu freuen, weint der Herr, als Er Sich der Stadt Jerusalem nähert und sagt: „Wenn auch du erkannt hät­test, und selbst an diesem deinem Tage, was zu deinem Frieden dient! Jetzt aber ist es vor deinen Augen ver­borgen“ (Lk 19, 42). Dann muß Er über die Stadt, die Ihn als König aufnimmt, das Urteil aussprechen: Be­lagerung und Verwüstung. Die Stadt, die Ihn verworfen hatte, würde dem Erdboden gleichgemacht werden, und ihr Haus würde ihnen öde gelassen.

Ist das jedoch ein ewiges Gericht? Nein! Hier steht wieder das Wörtchen „bis“, auf das wir schon früher hingewiesen haben: „Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprechet: Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!‑ (Mt 23, 37‑39; Lk 13, 34. 35) Lange Zeit würde Jerusalem verwüstet bleiben, aber ihr Elend wird einmal aufhören, wenn sie den Messias ein zweites Mal aufnimmt, dann aber in Aufrichtigkeit und Glauben. Dann wird diese Stadt erkennen, daß der verworfene Messias, „der Stein, den die Bauleute verworfen haben“, ihr Erlöser und König war. Siehe Psalm 118, 19‑29; dieser ganze Psalm ist ein großes Jubellied, das bei der Wiederkunft Christi gesungen werden wird, wenn Er in Jerusalem einzieht. Natürlich auch der bekannte Psalm 24, in dem der Überrest dem König der Herrlichkeit zujubelt, der durch die Tore Jerusalems einzieht: „Erhebet, ihr Tore, eure Häupter, und erhebet euch, ewige Pforten, daß einziehe der König der Herrlichkeit! Wer ist er, dieser König der Herrlichkeit? Jahwe der Heerscharen, er ist der König der Herrlichkeit!“

Vielleicht ist das die wunderbarste Entdeckung des Überrestes, daß ihr Messias Jahwe Selbst ist, Jahwe, gewaltig im Streit. Das bringt uns zu einem anderen Abschnitt, der die Erlösung des Überrestes innerhalb Jerusalems beschreibt („wie eine Herde inmitten ihrer Trift“), nämlich Micha 2, 12. 13. Hier sehen wir, wie der „Durchbrecher“ vor dem Überrest herzieht, alle Hindernisse vor ihnen aus dem Weg räumt und sie hin­ausführt, zum Tor hinaus, weg von dem gottlosen Volk Jerusalems (vgl. Joh 10, 1‑4!). Wir finden also das Ge­genteil von dem, was wir soeben gesehen haben: Hier ist es nicht der siegreiche Einzug in die Stadt, sondern ein Hinausführen des belagerten Überrestes aus der Drangsal und aus der gottlosen Stadt (vgl. Sach 9, 11, die Erlösung aus der Grube).

Die Reihenfolge ist also: das Herausführen des Über­restes (wozu der „Durchbrecher“ die feindlichen Stel­lungen „durchbrechen“ muß), das Ausrotten der Gott­losen und der Einzug in eine gereinigte Stadt. Aber worum es uns vor allem geht, ist, daß wir hier, genauso wie in Psalm 4, die Verbindung König‑Jahwe sehen: „Und ihr König zieht vor ihnen her, und Jahwe an ihrer Spitze.“ Der Messias‑Jahwe wird den Überrest erlösen und aus der gottlosen Stadt herausführen, und der Messias‑Jahwe wird sie danach in die gereinigte Stadt hineinbringen. Welch großartige Entdeckung wird das für sie sein, daß ihr Erlöser Gott Selbst ist! Er ist Immanuel, „Gott mit uns“ (Jes 7, 14; 8, 8. 10), der von Gott gezeugte und gegebene Sohn (Ps 2, 7; Jes 9, 6). Er ist Jahwe, unsere Gerechtigkeit“ (Jer 23, 6; 33, 16). Er ist nicht nur der Menschensohn, Er ist der Alte an Tagen Selbst (Dan 7, 14. 22). Sein menschlicher Ur­sprung ist in Bethlehem, aber Seine göttlichen Aus­gänge sind vor der Urzeit, den Tagen der Ewigkeit her (Mi 5, 1). Der König, der nach Zion kommt, gerecht und ein Retter, demütig und auf einem Esel reitend, ist Derselbe wie Jahwe, der erscheinen wird, um die Feinde zu vernichten und die Treuen zu erlösen (Sach 9, 9. 14‑16). Jahwe, ihr Gott, der Heilige Israels, ist ihr Erlöser, außer Ihm ist kein Retter (Jes 41, 14; 43, 3. 11. 14. 15; 44, 6; 45, 21; 47, 4; 49, 26; 54, 5).

Die erste Auferstehung

Als Schluß dieses Kapitels bleibt noch ein wichtiges Thema übrig, nämlich die Auferstehung der Gläubigen aus den Nationen und aus Israel, die nach der Auf­nahme der Versammlung und vor der Wiederkunft Christi in den Drangsalen umgekommen sind. Wenn das Friedensreich anbricht, dann wird angekündigt wer­den, daß Gott den Tod für ewig zunichte gemacht hat (Jes 25, 8). Und zu dem Überrest in der Drangsal wird gesagt: „Deine Toten werden aufleben, meine Leichen wieder erstehen. Wachet auf und jubelt, die ihr im Staube lieget! Denn ein Tau des Lichtes ist dein Tau; und die Erde wird die Schatten auswerfen“ (Jes 26, 19). Gott Selbst hat es verheißen: „Von der Gewalt des Scheols [Totenreich] werde ich sie erlösen, vom Tode sie befreien! Wo sind, o Tod, deine Seuchen? wo ist, o Scheol, dein Verderben?“ (Hos 13, 14). Und hat nicht der Herr Jesus gesagt: „Denn dies ist der Wille meines Vaters, daß jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, ewiges Leben habe; und ich werde ihn aufer­wecken am letzten Tage“ (Joh 6, 40. 44. 54).

Wann werden sie denn auferweckt? Das finden wir in Offenbarung 20. Dort sehen wir, daß es zwei völlig ver­schiedene Auferstehungen gibt, zwischen denen eine Zeitspanne von 1000 Jahren liegt. Die „erste Auferste­hung“ (Verse 5 und 6) findet vor dem Tausendjährigen Reich statt, und nachher die zweite Auferstehung (auf die der „zweite Tod“ folgt, siehe Vers 6). Es gibt aber nicht nur einen großen Unterschied in der Zeit, son­dern auch im Charakter. An der ersten Auferstehung nehmen nämlich ausschließlich Gläubige teil („glück­selig und heilig“, Priester Gottes, mit Christus regie­rend, Vers 6), während bei der zweiten Auferstehung, nach den 1000 Jahren, die Ungläubigen auferstehen werden, um mit „Seele und Leib“ verdorben zu werden in der Hölle (vgl. Mt 10, 28). Deshalb wird diese zweite Auferstehung auch der zweite Tod genannt. Ihr „Lebendigwerden“ besteht lediglich darin, daß sie einen Leib erhalten, um damit in die Hölle geworfen zu werden; deshalb stehen sie, obwohl auferstanden, als „Tote“ vor dem großen weißen Thron (Verse 11‑15). Im allgemeinen Sinn spricht die Schrift oft von der „Auf­erstehung der Toten“, um anzudeuten, daß jeder Tote ein­mal auferstehen wird (siehe Mt 22, 31; Apg 17, 32; 23, 6; 24, 21; 26, 23; 1. Kor 15, 12. 13. 21. 42; Hebr 6, 2). Diesen Ausdruck muß man genau von dem Begriff „die Auferstehung AUS den Toten“ unterscheiden, d. h. die Heraus‑Auferstehung aus den Toten, das ist also die er­ste Auferstehung (Lk 20, 35; Apg 4, 2; 1. Kor 15, 20; Phil 3, 11), wobei die Gläubigen aus den Ungläubigen heraus‑auferstehen, während die Ungläubigen im Grab bleiben.

Andere Bezeichnungen für die beiden Auferstehungen in der Schrift sind: die Auferstehung der Gerechten und die Auferstehung der Ungerechten (Lk 14, 14; Apg 24, 15); die Auferstehung des Lebens und die Auferstehung des Gerichts (Joh 5, 29). Vers 28 in Johannes 5 scheint Schwierigkeiten zu bereiten, weil dort von der „Stunde“ die Rede ist, „in welcher alle, die in den Grä­bern sind, seine Stimme hören“ werden, was darauf hindeuten könnte, daß alle Gestorbenen, die Guten und die Bösen, zu gleichen Zeit auferstehen. Aber das ist eine unrichtige Folgerung. Wenn nämlich die Stunde des Evangeliums in Vers 25 jetzt schon fast 2000 Jahre währt, gibt es keinen Grund, weshalb „die Stunde“ aus Vers 28 nicht eine Zeitspanne von 1000 Jahren um­schließen kann, zu deren Beginn die Gläubigen und zu deren Ende die Ungläubigen auferstehen.

Nicht zuletzt macht auch 1. Korinther 15 den Unter­schied zwischen den beiden Auferstehungen deutlich. In Vers 23 sehen wir sehr klar, daß bei dem Kommen Christi ausschließlich diejenigen auferstehen, die „des Christus sind“, also nicht die Ungläubigen (vgl. die „Toten in Christo“, 1. Thess 4, 16). Wann findet denn nach Aussage dieses Schriftabschnittes die Auferste­hung der Ungläubigen statt? Nun, am Ende des Tau­sendjährigen Reiches wird Christus das Reich dem Gott und Vater übergeben; dann werden alle Feinde weggetan sein. Der letzte Feind, der weggetan werden wird (das muß also am Ende Seiner tausendjährigen Regierung sein), wird der Tod sein. Christus muß herrschen, bis Er alle Feinde unter Seine Füße gelegt hat. Der letzte Feind, der weggetan wird, ist der Tod, und zwar am Ende Seiner Regierung. Das stimmt also völlig mit Offenbarung 20 überein, wo wir lesen, daß die „übrigen der Toten“ (also diejenigen, die nicht glauben) nicht lebendig werden, bis die 1000 Jahre vollendet sind. Danach, wenn die Toten auferstanden und gerichtet sind, wird auch der Tod selbst, zusam­men mit dem Hades, in den Feuersee geworfen (Verse 5 u. 14).

Unser Thema ist jetzt die erste Auferstehung, die also bei dem Kommen Christi stattfindet. Das ist jedoch ein nicht ganz einfaches Thema, und wir stoßen sehr schnell auf Schwierigkeiten. Das liegt daran, daß der Herr Jesus zweimal kommen wird, oder besser gesagt, daß Sein Kommen in zwei Phasen verlaufen wird, zwischen denen, wie man annimmt, mindestens sieben Jahre liegen. Zu­nächst wird Er in die Luft kommen, um Seine Versamm­lung zu Sich zu nehmen, und danach wird Er mit der Ver­sammlung auf Wolken wiederkommen, um die Feinde zu richten, die Treuen zu erlösen und das Friedensreich auf­zurichten. Bei jeder dieser beiden Phasen des Kommens Christi werden Gläubige auferstehen. Genauso, wie also das Kommen des Herrn in Phasen verläuft, so verläuft auch die erster Auferstehung in Phasen. Die erste Phase ist die Auferstehung Christi, der der Erstling ist, weil Er als erster aus den Toten auferstanden ist (l. Kor 15, 20. 23; Röm 1, 4; 1. Petr 1, 3). Danach werden bei der Aufnahme der Versammlung zwei Gruppen von Gläubigen aufer­weckt, nämlich „die durch Jesum Entschlafenen“ oder „die Toten in Christo“ (l. Thess 4, 13‑17; 1. Kor 15, 51‑54); das sind die Gläubigen, die zur Versammlung gehören, aber auch die alttestamentlich Gläubigen (siehe Hebr 11, 40), die ebenso „des Christus“ sind (l. Kor 15, 23); sie sind die „Freunde des Bräutigams“ (vgl. Joh 3, 29), die „zum Hochzeitsmahl des Lammes“ Geladenen (Offb 19, 9). Zu­sammen mit den Gläubigen der Versammlung werden sie in Offenbarung 4, 4 im Himmel als vierundzwanzig Älte­ste dargestellt (vgl. Offb 21, 12. 14).

Die letzte Phase der ersten Auferstehung

Und nun die dritte und letzte Phase der ersten Aufer­stehung, mit der wir wieder zu unserem Ausgangspunkt zurückkehren. Auch hier, bei der Wiederkunft Christi, gibt es wieder zwei Gruppen von Gläubigen, die auferstehen, und auch diese beiden Gruppen haben nachein­ander gelebt: die alttestamentlich Gläubigen haben vor den neutestamentlich Gläubigen gelebt, und so werden bei der Wiederkunft auch zwei Gruppen von Gläubigen auferstehen, die nacheinander gelebt haben. Wir finden sie beide deutlich in Offenbarung 20, 4 beschrieben.

Die erste Gruppe besteht aus denen, die um des Zeug­nisses Jesu und um des Wortes Gottes willen enthaup­tet worden sind. Wir haben bereits früher ausführlich darauf hingewiesen, daß diese Gruppe vor Beginn der letzten halben Jahrwoche umkommen wird (siehe noch einmal Mt 24, 9; Offb 5, 8b; 6, 9‑11a; 12, 10. 11).

Die zweite Gruppe, die in Offenbarung 20, 4 genannt wird und auch auferstehen wird, besteht aus denen, die das Tier und sein Bild nicht angebetet haben und nicht das Malzeichen an ihre Stirn und an ihre Hand ange­nommen haben. Das sind diejenigen, die während der letzten halben Woche, nach der Errichtung des Greuel­götzen im Tempel zu Beginn dieser Periode, getötet werden, weil sie sich weigern, diesen Götzen anzu­beten. Siehe Offb 6, 11b; 13, 15; 14, 13; 15, 2.

Nach dem Erstling Christus werden also vier Gruppen von Gläubigen an der ersten Auferstehung teilnehmen, zwei Gruppen bei der Entrückung der Versammlung und zwei bei der Wiederkunft Christi; die erste Gruppe umfaßt die Gläubigen, die vor dem Kreuz gelebt ha­ben, die zweite Gruppe die Gläubigen nach dem Kreuz bis zur Entrückung der Versammlung, die dritte Gruppe umfaßt die Gläubigen von der Entrückung bis zur letzten halben Jahrwoche und die vierte Gruppe die Gläubigen der letzten halben Woche. Jede dieser vier Gruppen besteht sowohl aus Juden als auch aus Heiden. Die erste Gruppe umfaßt hauptsächlich Isra­eliten, aber wir kennen auch Gläubige aus den Heiden, wie Melchisedek und Hiob. Die zweite Gruppe ist die Versammlung, die sowohl aus Juden als auch aus Hei­den besteht (Eph 2, 11‑22). Die dritte und vierte Gruppe, die wir vor allem in der Offenbarung finden, werden stets ohne Unterscheidung zwischen Juden und Nationen beschrieben (siehe z. B. Offb 13, 14. 15). Aller­dings haben einige andere Stellen speziell Bezug auf Israel: Mt 24, 9; Dan 7, 20‑25; 11, 33. 35; Offb 11, 3‑11.

Die Gläubigen, die bei der Wiederkunft Christi aufer­stehen, werden 1000 Jahre mit Ihm herrschen, genauso wie die Versammlung (die aber auch danach herrschen wird; Offb 22, 5). Sie werden also über ihre Brüder er­hoben sein, die nicht umgekommen sind, sondern die ohne zu sterben in das Reich eingehen. Das ist auch verständlich, denn die gestorbenen und auferstandenen Gläubigen werden himmlische, verherrlichte Leiber haben (1. Kor 15, 35‑50; vgl. Röm 8, 11. 23; Phil 3, 20. 21; 2. Kor 5, 1‑4), während die Gläubigen auf der Erde noch ihre irdischen, sterblichen Leiber haben werden. Sie werden erst am Ende des Tausendjährigen Reiches verwandelt werden und danach auf die Erde kommen. Insgesamt wird das neue Volk Israel im Tausendjähri­gen Reich aus vier Teilen bestehen: erstens den auferstandenen, himmlischen Heiligen, die über die Erde herrschen werden, zweitens dem unterdrückten und er­lösten Überrest aus Judäa und Jerusalem, der wegen seiner Drangsal ebenfalls einen hohen Platz einnehmen wird, aber doch auf der Erde. Drittens werden die übri­gen der zwei und auch der zehn Stämme, die sich noch unter den Völkern aufhalten, nach Palästina zurück­geführt, und sie werden das Land erben, und viertens wird es eine Menge Kinder geben, die nach der Wieder­kunft im Friedensreich geboren werden. Aber hiermit sind wir schon bei dem Thema des folgenden Kapitels.